Das Jahr 2024 verspricht bedeutende Veränderungen im Energierecht für Unternehmen. Inmitten der globalen Bemühungen, den Übergang zu nachhaltigen Energiequellen zu beschleunigen und den Klimawandel einzudämmen, stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen und Chancen.
Gesetzgeber auf nationaler und internationaler Ebene setzen verstärkt auf rechtliche Maßnahmen, um den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern, Energieeffizienz zu steigern und kohlenstoffarme Technologien zu unterstützen.
Diese Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf viele Unternehmen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Was ändert sich konkret im Jahr 2024 im Energierecht für Unternehmen und wie können diese Veränderungen in ihre strategische Planung integriert werden? Wir geben einen Überblick über die bevorstehenden rechtlichen Entwicklungen.
Energierecht-Änderung in 2024: Ausweitung des LkSG auf Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitende
Das Lieferkettengesetz oder genauer, das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitende in Kraft ist, gilt ab dem 1. Januar 2024 auch für Betriebe 1.000 Mitarbeitende. Es beeinflusst zwar nicht direkt das Energierecht, hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Energiewirtschaft großer Unternehmen und deren gesamte Lieferkette.
Auch KMUs sind betroffen, da sie als (unmittelbare) Zulieferer den Sorgfaltspflichten des LkSG unterliegen, die Unternehmen entlang ihrer Lieferkette einhalten müssen. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu beachten, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in ihren Lieferketten zu verhindern. Dies beinhaltet Maßnahmen wie die Einführung von Due-Diligence-Verfahren, die Überprüfung von Zulieferern, die Einrichtung von Beschwerdemechanismen und transparente Berichtspflichten.
Energierecht: Abschaffung der Strompreisbremse (StromPBG) zum 1. Januar 2024
Das erst im Dezember 2022 verabschiedete Gesetz zur Strompreisbremse (Strompreisbremsegesetz – StromPBG) sollte ursprünglich bis zum 31. März 2024 laufen und wird jetzt zum 1. Januar 2024 beendet. Diese Entscheidung resultiert aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November, das die Übertragung von Corona-Milliarden auf den Klima- und Transformationsfonds für unzulässig erklärt hatte.
Der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds, der die Energiepreisbremsen finanzierte, stand deshalb auf dem Prüfstand. Der Bundestag hatte ursprünglich einen Tag nach dem Urteil beschlossen, die Bremsen-Regelung bis zum 31. März zu verlängern. Die Energiepreisbremsen für Strom und Gas wurden im März eingeführt, um Verbraucher vor hohen Energiepreisen zu schützen. In der Hochphase waren die Preise für einen Großteil des Verbrauchs von Privathaushalten gedeckelt, jetzt liegen sie jedoch mittlerweile in der Regel darunter.
Start der Datenerhebung zur CSRD-Berichtspflicht ab dem 1. Januar 2024
Die am 10.11.2022 verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU erweitert die Berichtspflicht für Nachhaltigkeit ab 2024 auf KMUs. Zusätzlich zu den bisherigen 1.200 deutschen Großunternehmen müssen nun etwa 15.000 weitere Unternehmen nach verschärften Kriterien Berichte erstellen.
Die CSRD betrifft nun auch börsennotierte KMUs und Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden, Bilanzsumme über 20 Millionen Euro oder Nettoumsatz über 40 Millionen Euro. Die Richtlinie dient der Umsetzung der EU-Klimagesetzgebung und zielt auf Klimaneutralität bis 2050 ab. Berichte müssen Umweltaspekte, soziale Verantwortung, Menschenrechte und Governance abdecken. Neue Anforderungen umfassen Inhalte der Taxonomie, Geschäftsmodell, Lieferketten, Unternehmensziele und mehr. Berichte sind prüfpflichtig, erfordern externe Zertifizierung und müssen im Lagebericht veröffentlicht werden.
Einführungsphase des CBAM seit Oktober 2023
Das Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) zielt darauf ab, Treibhausgasemissionen im internationalen Handel zu reduzieren. Es besteuert den CO₂-Fußabdruck von importierten Waren in die EU, um sicherzustellen, dass Importeure Umweltauflagen wie inländische Hersteller erfüllen. CBAM soll das sogenannte Carbon Leakage verhindern, bei den Emissionen in Länder mit laxeren Klimaauflagen verlagert werden.
Die EU erwartet eine Optimierung der EU-Produktion, Förderung sauberer Industrien in Nicht-EU-Ländern und fairere globale Handelspreise für CO₂-intensive Produkte. Im ersten Schritt müssen Unternehmen die direkten und indirekten CO₂-Emissionen der importierten Waren zunächst nur berechnen und in einem Quartalsbericht erfassen. Ab 2026 müssen CBAM-Zertifikate erworben werden. Die Registrierungspflicht für CBAM-Anmelder und die schrittweise Abschaffung der freien Zuteilung von EU-EHS Zertifikaten beginnen ab 2025.
Preissteigerung der nEHS CO₂-Zertifikate von 30 auf 45 €
Im Rahmen der Einführung eines nationalen Emissionshandels sind die CO₂-Zertifikatspreise zurzeit noch gedeckelt. Bedingt durch den Ukrainekrieg und der damit verbundenen Energiekrise wurde die geplante Erhöhung der deutschen CO₂-Zertifikate im Jahr 2023 verschoben. Ab dem 1. Januar 2024 soll der Preis von 30 auf 45 € steigen. Ab 2026 sollen die Zertifikate in einem Preiskorridor von 55 bis 65 Euro versteigert und ab 2027 frei gehandelt werden. das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) durch die DEHSt (Deutsche Emissionshandelsstelle) eingeführt, um CO₂ zu bepreisen.
Die Klassifizierung von Unternehmen und ihre Zuordnung zum EU-ETS oder zur DEHSt erfolgt abhängig von ständig angepassten Kriterien. Das System basiert auf dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das vorschreibt, dass Unternehmen CO₂-Emissionen aus der Nutzung fossiler Kraft- und Brennstoffe durch Emissionszertifikate abdecken müssen. Die DEHSt deckt Sektoren ab, die die EU-ETS nicht erfasst, wie Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Unternehmen müssen für jede freigesetzte Tonne CO₂ ein nEHS-Zertifikat abgeben, das sie entweder kostenlos erhalten oder bei der DEHSt erwerben.
Netzentgelt-Steigerung für 2024 um ca. 60 % prognostiziert
Der Strompreis für Gewerbe- und Industriekunden setzt sich im Jahr 2023 zu etwa 90 % aus Beschaffung, Vertrieb und Netzentgelte und zu 10 % aus Steuern, Umlagen und sonstigen Abgaben zusammen. Der Durchschnittspreis liegt bei rund 26,5 Cent pro Kilowattstunde für Unternehmen mit einem Mittelspannungs-Jahresverbrauch zwischen 150.000 und 20 Millionen kWh.
Nach Streichung des zugesagten Zuschusses von 5,5 Milliarden Euro kündigten die ÜNBs 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW eine Erhöhung der Übertragungsnetzentgelte für 2024 an, die sich im Durchschnitt auf 6,43 Cent pro Kilowattstunde mehr als verdoppeln wird (von 3,12 Cent in diesem Jahr). Im Gegensatz zu den regional unterschiedlichen VNB-Netzentgelten sind die Preise für ÜNBs bundesweit einheitlich. Die Gesamt-Netzentgelte erhöhen sich voraussichtlich um etwa 60%, was sich auch auf private Haushalte und energieintensive Unternehmen auswirken wird.
Geplante Stromsteuersenkung auf 0,05 Cent/kWh für das produzierende Gewerbe
Ebenfalls abhängig von dem Verfassungsgerichtsurteil vom 15. November 2023 ist die Stromsteuersenkung auf 0,05 Cent/kWh für das produzierende Gewerbe. Um eine Alternative zum Industriestrompreis zu schaffen, plante die Bundesregierung, die Stromsteuer für das energieintensive produzierende Gewerbe in Deutschland auf das europäische Minimum zu senken. Es besteht die Absicht, den Steuersatz für betroffene Betriebe von 1,537 Cent/kWh auf 0,05 Cent/kWh zu begrenzen. Die gesetzliche Regelung im Energierecht soll für mindestens 2024 und 2025 gelten und könnte bei weiterer Finanzierung weitere drei Jahre verlängert werden.
Neu ist, dass nun auch der Mittelstand von der Stromsteuersenkung profitiert, vorausgesetzt der Betrieb wird dem statistischen Begriff “produzierendes und verarbeitendes Gewerbe” zugeordnet. Schätzungsweise 78,000 Unternehmen, darunter Bäckereien, Metzgereien, holzverarbeitende Betriebe und Metallbau, sollen von dem niedrigen Steuersatz profitieren. Für andere Gewerbetreibende, wie energieintensive Textilreinigungen oder Betriebe des Kfz-Handwerks, ändert sich hingegen nichts, und für sie bleibt der Steuersatz bei 2,05 Cent/kWh. Es bleibt abzuwarten, ob es bei der Umsetzung des Beschlusses noch weitere Änderungen oder Ausweitungen geben wird.
Energierecht: Wegfall des Spitzenausgleichs für 2024
Der branchenübergreifende sog. Spitzenausgleich wird auch im Rahmen des Entlastungspaketes vom November 2023 abgeschafft. Ursprünglich eingeführt im Rahmen der ökologischen Steuerreform von 1999 im Energierecht, ermöglichte der Spitzenausgleich energieintensiven Unternehmen, bis zu 90 % der Stromsteuer zurückzuerhalten. Die Neuregelung sollte eigentlich ausschließlich Unternehmen des produzierenden Gewerbes betreffen und an die Stelle des bisherigen Spitzenausgleichs treten, der für Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche galt. Ob er nun doch bestehen bleiben wird, ist von den Entscheidungen der Ampel-Koalition abhängig.
Neue Photovoltaik-Pflichten ab 2024 in einzelnen Bundesländern
Eine einheitliche Photovoltaik-Pflicht in Deutschland ist noch nicht in Sicht. Trotzdem treten auch in 2024 weitere Energierecht-Regelungen der einzelnen Bundesländer in Kraft, die Unternehmen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen verpflichten. Fest steht beispielsweise, dass ab Mitte 2024 in Brandenburg gewerbliche Neubauten mit PV-Anlagen auszustatten sind, in Bremen gilt dies bei Dach-Sanierungen wie in Rheinland-Pfalz bei öffentlichen Gebäuden und in Nordrhein-Westfalen müssen ab 2024 alle neuen Industriegebäude über Solaranlagen verfügen. Mit weiteren landesspezifischen Gesetzen ist zu rechnen.
Änderungen im EU-ETS-CO₂-Zertifikate-Handel in 2024
Ab 2024 wird gesamte Sektor „Seeverkehr“ der Europäischen Union in den EU-ETS-CO₂-Zertifikate-Handel einbezogen. Daher erweitern 78,4 Millionen zusätzliche Zertifikate zunächst das Handelsvolumen. Für alle Wirtschaftsbereiche gilt aber eine Reduktion des Caps um 90 Millionen Zertifikate, so dass die Preise für EU-ETS-Zertifikate steigen werden. Zusätzlich werden weitere Privilegien und Ausnahmeregelungen zurückgenommen, wie beispielsweise die Bezuschussung von Flügen in Gebiete der äußersten Randlage des europäischen Wirtschaftsraumes.