Es gibt unzählige Zertifizierungen, Standards und Normen zu den Themen Nachhaltigkeit und ESG. Die meisten davon betreffen einzelne Teile, Prozesse oder Bereiche eines Unternehmens, sind branchenspezifisch oder gar produktbezogen. So gibt es beispielsweise über 20 relevante Zertifizierungen, die sich allein auf die Umweltauswirkungen von Gebäuden konzentrieren. Hier den Überblick zu behalten, ist schwierig.
Ganzheitliche Zertifizierungen, Standards und Normen bieten Unternehmen einen überzeugenden Weg, ihre ESG-Verpflichtungen bzw. Nachhaltigkeit glaubwürdig nachzuweisen. Diese gehen weit über Einzelaspekte hinaus und bewerten das Unternehmen in seiner Gesamtheit und nicht nur einzelne Produkte.
Für Kunden, Investoren und andere Stakeholder sind solche Zertifikate ein besonders vertrauensbildendes Signal, dass das Unternehmen seine Verantwortung ernst nimmt. Darüber hinaus können Unternehmen durch die Implementierung ganzheitlicher Nachhaltigkeitsstandards interne Prozesse optimieren und Effizienzpotenziale heben.
Hier sind einige der Relevantesten und Bekanntesten im Überblick:
Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK)
Der DNK ist ein Transparenzstandard für die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsleistungen. Unternehmen erstellen eine Entsprechenserklärung, in der sie ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -maßnahmen nach vorgegebenen Kriterien und Indikatoren offenlegen. Es ist ein etablierter Standard in Deutschland, den viele Unternehmen bereits nutzen.
Eco-Management and Audit Scheme (EMAS)
EMAS ist ein von der Europäischen Union entwickeltes Umweltmanagementinstrument. Unternehmen, die EMAS-zertifiziert sind, verpflichten sich zu kontinuierlicher Verbesserung ihrer Umweltleistung, regelmäßiger Berichterstattung und unabhängiger Überprüfung durch Dritte. Dieses UMS wird ebenfalls von vielen europäischen Unternehmen aktiv eingesetzt.
ISO 14001
Diese internationale Norm legt Anforderungen für ein Umweltmanagementsystem fest. Unternehmen, die nach ISO 14001 zertifiziert sind, demonstrieren ihre Fähigkeit, umweltbezogene Verpflichtungen einzuhalten und ihre Umweltleistung kontinuierlich zu verbessern. Die Norm für UMS ist in Deutschland sehr populär und kann durch verschiedene Organisationen wie beispielsweise durch den TÜV zertifiziert werden. Sie ist international so anerkannt, dass EMAS darauf basiert.
B Corp Certification
Diese Zertifizierung wird von der gemeinnützigen Organisation B Lab vergeben. Sie bewertet Unternehmen anhand ihrer gesamten sozialen und ökologischen Leistung, Transparenz und Verantwortlichkeit. B Corps sind verpflichtet, hohe Standards für soziale und ökologische Leistung zu erfüllen. Die Zertifizierung gewinnt auch in Deutschland an Bedeutung, besonders unter Unternehmen, die hohe Standards für soziale und ökologische Leistung anstreben.
GRI Sustainability Reporting Standards (GRI SRS)
Die GRI-Standards sind das weltweit am häufigsten verwendete Rahmenwerk für Nachhaltigkeitsberichterstattung und werden auch von vielen großen deutschen Unternehmen genutzt. Sie bieten umfassende Richtlinien für die Berichterstattung über wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen von Unternehmen.
UN Global Compact
Der UN Global Compact ist eine freiwillige Initiative der Vereinten Nationen, die Unternehmen ermutigt, ihre Strategien und Aktivitäten an zehn universell anerkannten Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsbekämpfung auszurichten. Teilnehmer verpflichten sich zur jährlichen Berichterstattung über Fortschritte. Auch viele deutsche Unternehmen sind Unterzeichner.
Science Based Targets (SBT)
Die Science Based Targets initiative (SBTi) ist eine Organisation, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre eigenen wissenschaftsbasierten Klimaziele zu setzen und Transitionspläne zu erstellen. Sie zertifiziert die Ziele anschließend und bescheinigt, dass sie zum 1,5°-Ziel des Pariser Abkommens beitragen. Obwohl diese Initiative relativ jung ist, schließen sich heute immer mehr deutsche Unternehmen an.
ZNU-Standard Nachhaltiger Wirtschaften
Der ZNU-Standard ist ein deutscher Standard für nachhaltiges Wirtschaften, entwickelt vom Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke. Er richtet sich an Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie systematisch aufbauen und umsetzen möchten. Darüber hinaus definiert er auch spezifische Maßstäbe verschiedener Sektoren, die Unternehmen dabei beachten sollten. Zertifizierungsstellen sind beispielsweise TÜV oder DEKRA.
Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ)
Die GWÖ hat in Deutschland eine engagierte Anhängerschaft und ist ein alternatives Wirtschaftsmodell, das das Gemeinwohl in den Mittelpunkt wirtschaftlichen Handelns stellt. Unternehmen erstellen eine Gemeinwohl-Bilanz, in der sie ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen bewerten. Die Bilanzierung erfolgt nach klar definierten Kriterien und Indikatoren.
ISO 26000
Die ISO 26000 ist eine Norm und bietet Leitlinien zur sozialen Verantwortung von Organisationen. Obwohl sie keine Zertifizierung im klassischen Sinne darstellt, hilft sie Unternehmen, ihre soziale Verantwortung zu verstehen und umzusetzen. Sie dient als Leitfaden für den Aufbau eines eigenen UMS, um Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Verantwortung zu unterstützen. Im Gegensatz zu EMAS und ISO 14001 deckt sie auch soziale und Governance-Aspekte ab.
ISO 50001
Die ISO 50001 ist eine internationale Norm für Energiemanagementsysteme, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Energieeffizienz zu verbessern und ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Sie bietet einen systematischen Rahmen für das Management und die kontinuierliche Verbesserung der Energieleistung. Durch die Implementierung von ISO 50001 können Unternehmen Kosten senken und ihre Umweltbelastung minimieren.
EcoVadis
EcoVadis ist eine Plattform, die Unternehmen weltweit anhand ihrer Nachhaltigkeitsleistung in den Bereichen Umwelt, Arbeits- und Menschenrechte, Ethik und nachhaltige Beschaffung bewertet. Sie bietet umfassende Ratings und detaillierte Berichte, um Unternehmen bei der Verbesserung ihrer CSR-Praktiken zu unterstützen. Durch die Nutzung von EcoVadis können Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistung transparent machen und ihre Geschäftsbeziehungen stärken.
Sustainalytics
Sustainalytics bewertet börsennotierte Unternehmen basierend auf ihrer ESG-Leistung. Die Bewertung erfolgt in fünf Risikostufen: vernachlässigbar, niedrig, mittel, hoch und schwerwiegend. Die Bewertungen von Sustainalytics basieren auf einem Rahmenwerk mit 20 wesentlichen ESG-Risikofaktoren, die für 138 Branchen untersucht werden. Durch diese Bewertungen sollen Anleger und andere Interessengruppen einen Einblick in die nachhaltige Leistung von Unternehmen bekommen.
CDP (Carbon Disclosure Project)
Die CDP ist eine weltweite Non-Profit-Organisation, die sich dafür einsetzt, dass Unternehmen und Städte ihre Umweltauswirkungen offenlegen, um dadurch eine effizientere Verwaltung von Risiken, Kosten und Chancen zu ermöglichen. CDP wurde 2000 in London gegründet und hat mittlerweile seinen Hauptsitz in Berlin. CDP sammelt jedes Jahr Daten von Unternehmen und Städten zu ihren Treibhausgasemissionen, ihrer Wassernutzung und ihrem Waldschutz und veröffentlicht die Ergebnisse. Diese Daten werden von Investoren, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern genutzt, um Risiken und Chancen besser zu verstehen und zu bewerten.
SA8000
SA8000 ist sowohl ein Standard als auch eine Zertifizierungsnorm, die einen Rahmen für die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen und Organisationen vorgibt. Sie wurde 1997 von der Council on Economic Priorities Accreditation Agency (CEPAA) entwickelt und wird heute von Social Accountability International (SAI) verwaltet. Die SA8000 bietet Vorgaben in den Bereichen Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit, Menschenrechte, Kinderarbeit und faire Bezahlung. Durch eine SA8000-Zertifizierung können Unternehmen zeigen, dass sie ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen und dass sie einen positiven Einfluss auf ihre Arbeitskräfte, Lieferanten und Gesellschaft haben.
FTSE4Good Index Series
Die FTSE4Good Index Series ist eine Reihe von Indizes, die von der Financial Times Stock Exchange (FTSE) erstellt und verwaltet werden. Die Indizes bewerten die Leistung von Unternehmen auf der Basis ihrer ESG-Praktiken. Die Serie umfasst verschiedene Indizes, die für spezifische geografische Regionen entwickelt wurden. Investoren können diese Indizes zur Auswahl einzelner Aktien oder als Basis für Investmentprodukte wie Investmentfonds oder börsengehandelte Fonds (ETFs) nutzen. Die Methodologie von FTSE4Good basiert auf einem Punktesystem, das die Qualität der ESG-Praktiken eines Unternehmens bewertet.
Certified Sustainable Economics (CSE)
Die CSE-Zertifizierung wird vom Institute for Sustainable Economics (IÖW) an Unternehmen und Nachhaltigkeitsorganisationen vergeben, damit sie ihren Einsatz für nachhaltige Geschäftspraktiken nachweisen können. Das CSE-Label dient als Qualitätszeichen für Produkte von zertifiziert nachhaltigen Unternehmen. Die Zertifizierung basiert auf einer Reihe von Kriterien, die die Leistung eines Unternehmens in ethischer, ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit bewerten. Der CSE-Standard wird regelmäßig überprüft und fortlaufend aktualisiert, um sicherzustellen, dass er relevant und wirksam bleibt.
Überblick weiterer spezifischere Zertifizierungen, Standards und Normen mit ganzheitlichen Ansätzen
Die obere Liste deckt bereits eine breite Palette ab. Erwähnenswert sind aber auch noch weitere branchen-, prozess- oder produktspezifisch Zertifizierungen, Standards und Normen, die kontinuierlich erweitert werden, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre Nachhaltigkeits- und ESG-Ziele zu erreichen.
Die Fair Trade Certification konzentriert sich beispielsweise auf faire Handelspraktiken und die Verbesserung der Lebensbedingungen von Produzenten und Arbeitern in Entwicklungsländern. Unternehmen, die fair gehandelte Produkte anbieten, zeigen ihr Engagement für soziale Verantwortung und ethische Beschaffung. Der Forest Stewardship Council (FSC)-Standard zertifiziert nachhaltige Forstwirtschaft. Unternehmen, die FSC-zertifizierte Produkte nutzen, tragen zur Erhaltung der Wälder bei und fördern verantwortungsbewusste Waldwirtschaft.
Das LEED (Leadership in Energy and Environmental Design)-Zertifizierungssystem ist weltweit anerkannt für umweltfreundliches Bauen. Unternehmen, die LEED-zertifizierte Gebäude besitzen oder betreiben, demonstrieren ihr Engagement für Nachhaltigkeit im Bauwesen. Die ISO 45001-Norm legt Anforderungen an ein Arbeitsschutzmanagementsystem fest. Unternehmen, die nach ISO 45001 zertifiziert sind, zeigen ihr Engagement für die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeiter.
Die Cradle to Cradle (C2C) Certification fördert die Entwicklung von Produkten, die umweltfreundlich hergestellt, genutzt und am Ende ihrer Lebensdauer vollständig recycelt oder sicher in die Umwelt zurückgeführt werden können. C2C-zertifizierte Produkte stehen für Innovation und nachhaltiges Design. Für Unternehmen in der Lebensmittel- und Agrarindustrie bietet die SAI Platform’s Farm Sustainability Assessment (FSA) ein umfassendes Tool für nachhaltige Landwirtschaftspraktiken. Unternehmen nutzen FSA, um ihre Lieferketten nachhaltig zu gestalten.
Schließlich stellt die ISO 9001-Norm für Qualitätsmanagementsysteme sicher, dass Unternehmen kontinuierlich qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen liefern. Obwohl sie nicht spezifisch auf Nachhaltigkeit abzielt, trägt sie zur Gesamteffizienz und Verantwortlichkeit eines Unternehmens bei.
Die Integration zusätzlicher Zertifizierungen und Standards kann Unternehmen dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeits- und ESG-Ziele noch umfassender und effektiver zu erreichen, indem sie verschiedene Aspekte der sozialen, ökologischen und ökonomischen Verantwortung abdecken.
Zertifizierungen, Standards und Normen zu Nachhaltigkeits- und ESG-Themen – den Überblick behalten
Nachhaltigkeit und ESG-Praktiken gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei spielen Zertifizierungen, Standards und Normen eine entscheidende Rolle zur Orientierung von Unternehmen. Diese Vielfalt an Rahmenwerken ermöglicht es Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsverpflichtungen glaubwürdig zu demonstrieren und ihr Engagement für eine verantwortungsbewusste Geschäftsführung zu unterstreichen.
Die breite Palette von Zertifizierungen, die von globalen Organisationen wie den Vereinten Nationen bis hin zu nationalen und branchenspezifischen Gremien reichen, bietet Unternehmen eine Fülle von Möglichkeiten, ihre Nachhaltigkeitsziele zu definieren, zu verfolgen und zu kommunizieren.
Für Kunden, Investoren und andere Stakeholder fungieren diese Zertifikate als vertrauensbildende Signale, die darauf hinweisen, dass ein Unternehmen seine Verantwortung ernst nimmt und sich aktiv für eine nachhaltige Zukunft einsetzt. Darüber hinaus bieten ganzheitliche Nachhaltigkeitsstandards die Chance, interne Prozesse zu optimieren, Effizienzpotenziale zu heben und letztendlich langfristigen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen.
Die Bandbreite dieser Standards spiegelt die Komplexität und Vielschichtigkeit der Nachhaltigkeitsagenda wider und unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden, systematischen und transparenten Herangehensweise an das Thema Nachhaltigkeit. Letztendlich tragen diese Zertifizierungen dazu bei, eine nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten, in der Unternehmen eine aktive Rolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen.