Die im deutschen S-Dax gelistete DWS Group hatte Fondsprodukte als „nachhaltig“ bzw. grüner dargestellt, als sie tatsächlich sind und wurde prompt von der US-Börsenaufsicht (SEC) zu einer Geldstrafe in einer Höhe von 19 Millionen Euro wegen ESG-Verstößen und Greenwashing verurteilt. Dazu kam noch eine Strafzahlung in Höhe von sechs Millionen Euro, weil sie nicht über ausreichende Geldwäschekontrollen verfügten. Allein die Anwaltskosten des Unternehmens betrugen in diesem Fall bisher rd. 39 Millionen Euro und es verlor eine Milliarde Euro an Wert an der Börse. Hinzu kommen noch Reputations-Verlust und ggf. Schadensersatzansprüche von Investoren. In Deutschland ermitteln derzeit noch die Finanzaufsicht BaFin und die Staatsanwaltschaft gegen die DWS Group. Mauricio Vargas, Finanzexperte bei Greenpeace erklärte, „das Gerichtsurteil zeigt deutlich, dass Greenwashing und Verbrauchertäuschung keine Kavaliersdelikte sind.“
Behörden gehen stärker gegen ESG-Verstöße und Greenwashing vor
In den USA wird demnach aktuell härter durchgegriffen als noch im Vorjahr, als die US-Großbank Goldman Sachs zu 4 Millionen Dollar verurteilt wurde. Sie bewarben in ihrer Asset-Management-Einheit des Wall-Street-Instituts zwei ihrer Fonds als „ESG-konform“, obwohl weder von ihnen ESG-Standards festgelegt wurden noch Richtlinien oder Strategien dazu existierten. Goldman Sachs hatte sie kurzerhand zu „grünen“ und „nachhaltigen“ ESG-Fonds erklärt. In Deutschland wurde Anfang 2022 die Luxemburger Commerz Real Fund Management S.à.r.l. vom Landgericht Stuttgart (36 O 92/21 KfH) unter Strafandrohung von 60.000 Euro abgemahnt, ihre irreführende Werbung für Nachhaltigkeitsfonds zu unterlassen. Sie hatte mit einer konkreten Auswirkung der Geldanlage in den beworbenen Fonds auf den persönlichen CO₂-Fußabdruck geworben.
CSDDD soll den Rahmen für CSRD und EU-Taxonomie bilden
Am 23. Februar 2022 hat die Europäische Kommission als erste EU-Institution den Vorschlag für eine Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht. Ziel dieses Vorschlags ist es, Unternehmen, die in der EU aktiv sind, gesetzlich zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards in ihren globalen Lieferketten zu verpflichten sowie ESG-Verstöße und Greenwashing besser ahnden zu können. Dieser Vorschlag stellt einen wichtigen Schritt hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften unter einheitlichen europäischen Bedingungen dar, und er ergänzt bestehende Vorschriften sowie andere laufende Regulierungsinitiativen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) mit ihrer CSRD-Berichtspflicht und die EU-Taxonomie-Verordnung.
Europäische Vereinheitlichungen bis 2026
Die CSDDD verknüpft demnach die CSRD-Berichtspflicht mit der Taxonomie und versucht, die Verordnungen anzugleichen. Unternehmen sollten insgesamt damit rechnen, dass die ESG-Anforderungen weiter ansteigen werden und Greenwashing noch schärfer verfolgt wird. Auch der am 22. März 2023 veröffentlichte Richtlinienentwurf der EU zu umweltbezogenen Angaben (Green Claims-RL) zielt in eine ähnliche Richtung. Zurzeit finden Abstimmungsgespräche zwischen der EU-Kommission, des EU-Parlamentes und dem Europäischen Rat zur CSDDD statt, die Ende 2023 abgeschlossen sein sollten. Bis Ende 2025 wird die EU-Richtlinie in die nationalen Rechte umgesetzt, so dass die Umsetzungsgesetze ab 2026 gestaffelt nach Unternehmensgröße inkrafttreten.
CSDDD-Kernpunkte gegen ESG-Verstöße und Greenwashing
Unternehmen, Tochterunternehmen und die Geschäftsleitungen werden dazu verpflichtet, negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf die Umwelt und Menschenrechte zu ermitteln, darüber zu berichten und zu minimieren oder ganz abzustellen. Große Unternehmen müssen eine Geschäftsstrategie entwickeln, die den Pariser-Klimaschutzverträgen entsprechen und die EU-Mitgliedsstaaten errichten dazu Aufsichtsbehörden und bilden ein europäisches Netzwerk auf, um Anordnungen und Geldbußen besser koordinieren zu können. Hier können auch Geschädigte zivilrechtlich gegen verantwortliche Unternehmen vorgehen.
Welche Unternehmen werden betroffen sein?
Aktuell werden verschieden Modelle zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Europäischen Rat verhandelt. Fest steht offenbar nur, dass KMU nicht direkt betroffen sein werden und – sofern sie indirekt in einer Wertschöpfungskette eingebunden sind – sollen sie öffentliche Unterstützung erhalten. Größere Unternehmen werden in zwei Gruppen eingeteilt, bei denen verschieden Kriterien zur Diskussion stehen: „Großunternehmen“ & EU-Unternehmen sowie Unternehmen aus Risikobranchen & Nicht-EU-Unternehmen. Die diskutierten Unternehmenskennzahlen zur Anwendung der CSDDD reichen zurzeit von mindestens 250 Mitarbeitenden und einem Mindestumsatz von 40 Millionen Euro bis zu 1.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von 300 Millionen Euro. Spätestens Anfang 2024 sollten die Ergebnisse vorliegen.
Die CSDDD als schärferes Schwert
Die jüngsten Geldstrafen gegen die DWS Group und Goldman Sachs wegen ESG-Verstößen und Greenwashing zeigen, dass die Behörden strenger durchgreifen. Die EU plant die Einführung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), um Unternehmen zur Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards in ihren Lieferketten zu zwingen und einen verbindlichen Überbau der bereits bestehenden Richtlinien zu schaffen. Große Unternehmen müssen jetzt Strategien entwickeln, um den Pariser Klimaschutzverträgen zu entsprechen. Kleine Unternehmen werden weniger betroffen sein. Dies unterstreicht die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeit und Transparenz in der Unternehmensführung.