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Die 7.000-Stunden-Regel

Nach der 7.000-Stunden-Regel haben Großverbraucher von Strom in Deutschland Anspruch auf individuelle Netzentgelte, wenn ihr Strombezug gleichmäßig ist, was zu Rabatten von bis zu 90 % führt. Etwa 580 Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 155 GWh profitieren jährlich davon. Diese, vornehmlich aus der Chemie-, Papier- und Nichteisen-Metallindustrie, werden mit einer Netzentgeltreduktion von ca. 15 € / MWh entlastet. Insgesamt spart die stromintensive Industrie im Jahr 2024 so rund 1,5 Milliarden Euro. Diese Regelung, die noch in § 19 (2) StromNEV festgelegt ist, steht jedoch stark in der Kritik, da sie im Gegensatz zur atypischen Netznutzung die Flexibilität des Stromverbrauchs behindert und die Nutzung von günstigem grünem Überschussstrom erschwert.

Kriterien & Berechnung der 7.000-Stunden-Regel

Die 7.000-Stunden-Regel können Betriebe in Anspruch nehmen, deren Anlagen mindestens 10 GWh bei 7.000 Vollaststunden jährlich verbrauchen. Dabei berechnen sich die Vollaststunden, indem der Jahresverbrauch in Kilowattstunden [kWh] durch die maximale Lastspitze in Kilowatt [kW] geteilt wird. Allgemein bezeichnet man diese Art der Stromnachfrage auch als Bandlast und die konstante Strommenge als Bandstrom. § 19 (2) StromNEV sieht eine gestaffelte Reduzierung der Netzentgelte vor: Bei 7.000 Volllaststunden reduzieren sich die Netzentgelte um 80 %, bei 7.500 Volllaststunden um 85 % und bei 8.000 Volllaststunden um 90 %. Ein weiterer Faktor, der bei der Berechnung der individuellen Netzentgelte berücksichtig wird, ist die physikalische Entfernung der Verbraucher zum nächsten Grundlastkraftwerk. 

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Kritik an der 7.000-Stunden-Regel

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Der Hauptkritikpunkt an der 7.000-Stunden-Regel ist, dass er falsche Anreize für energieintensive Unternehmen fördert. Der Rabatt für die gleichmäßige Netznutzung spiegelt nicht die wahren Einsparungen bei den Netzkosten wider und vereitelt netzdienliches Verhalten der betroffenen Betriebe. Die Schwellenwerte verleiten Industriebetriebe dazu, ihren Stromverbrauch künstlich in die Höhe zu treiben, um die nächste Rabattstufe zu erreichen. Kein Wunder, kann beispielsweise ein Unternehmen, dass bisher bei einem jährlichen Verbrauch von 9,5 GWh lag, bei Erhöhung des Verbrauchs auf einen Schlag 80 % der Netzentgelte einsparen. Dieses Paradoxon kann nicht nur die realen Betriebskosten erhöhen, sondern widerspricht dem Gebot des Energiesparens sowie der Energiewende.

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Zusätzlich begünstigt die 7.000-Stunden-Regel eine sinnlose räumliche Nähe von energieintensiven Unternehmen zu Grundlastkraftwerken. Diese werden im Zuge der Energiewende immer weniger und schrittweise abgeschaltet. Außerdem erschwert dies meist die Logistik für den verbrauchenden Betrieb, da der Energiemarkt der Zukunft von dezentralen Erzeugereinheiten geprägt sein wird. Der administrative Aufwand zu Ermittlung der individuellen Netzentgelte ist auch nicht zu unterschätzen.

Die Regelung hemmt die dringend notwendige Flexibilisierung von Produktionsprozessen und fördert die Bewahrung alter Verbrauchsgewohnheiten. Dies blockiert Innovationen und Investitionen in energieflexible Technologien und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die 7.000-Stunden-Regel verzerrt den Markt, indem sie bestimmte Verbrauchsprofile bevorzugt und andere benachteiligt. Dies hat jetzt schon zu ineffizienten Investitionen geführt, verteilt die Kosten der Energiewende ungleich und untermauert die Forderung nach längeren Laufzeiten von fossilen Kraftwerken, was den Fortschritt bei der Dekarbonisierung des Energiesystems bremst.

Insgesamt steht die 7.000-Stunden-Regel im Widerspruch zu allen Zielen des Green Deals der Europäischen Union, der eine umfassende Dekarbonisierung und die Förderung erneuerbarer Energien anstrebt. Sie verhindert die notwendigen Innovationen und Anpassungen in Produktionsprozessen, die für die Erreichung dieser Ziele erforderlich sind.

Abschaffung der 7.000-Stunden-Regel & Rabatt-Reformvorhaben

Angesichts der Kritik an der 7.000-Stunden-Regel und der ablehnenden Haltung der EU-Kommission gegenüber Sonderrabatten plant die Bundesnetzagentur, diese Regelung Ende 2025 auslaufen zu lassen. Angekündigt wurde die Abschaffung Juli 2024 im Rahmen der Debatte um eine Reform der Netzentgeltrabatte. Dabei wird angestrebt, die Netzentgelte an die tatsächlich Netzbelastungen der Verbraucher auszurichten. Netzentgeltrabatte sollten sich klar an die Signale der Spot-Strommarktpreise orientieren und Flexibilitätsbarrieren abbauen. Zusätzlich sollen sie deutliche und zielgerichtete Anreize zur Stromnetzentlastung liefern und die energieintensive Industrie in ähnlicher Höhe entlasten. Hierzu gibt es verschieden Ansätze.

Neue Reformansätze in der Diskussion

Welche Regelung die 7.000-Stunden-Regel bzw. das Bandlastprivileg in Zukunft ablösen wird, wird gerade diskutiert. Generell raten Experten dazu, dass sich die Preise flexibel am Spot-Markt orientieren und die Grenzwerte abgebaut werden sollten. Die Rabatte müssen zielgerichteter sein, geringere Kosten verursachen und dabei die stromintensive Industrie in ähnlicher Weise entlasten, wie die aktuelle Regelung. Einer der wichtigsten Ansatzpunkte ist die Netzdienlichkeit. Die Preise sollten sich an den tatsächlichen Kosten der Stromnetze orientieren und Anreize zur Entlastung bieten.

Bei dem kostenreflektiven Ansatz richten sich nach den verursachten Netzbelastungen. Unternehmen, die die Netze entlasten oder keine Netzengpässe verursachten, zahlen demnach weniger Netzentgelte. Da diese von Tageszeit und Wetter abhängen, müssten die Entgelte dynamisch, regional unterschiedlich und kurzfristig festgelegt werden. Anstelle der 7.000-Stunden-Regel könne auch ein flexibler Stromverbrauch oder ein Mengenrabatt Voraussetzung für Nachlässe sein. Auch die Regionalisierung diene dabei zur Abbildung längerfristiger Netzengpässe.

Fazit: Flexibilität statt starrer Stromrabatte

Noch gewährt die 7.000-Stunden-Regel den deutschen Großverbrauchern bis zu 90 % Rabatt auf Netzentgelte bei gleichmäßigem Stromverbrauch, wovon rund 580 Unternehmen jährlich 1,5 Milliarden Euro sparen. Diese Regel wird Ende 2025 auslaufen, weil sie ineffiziente Anreize setzt, Flexibilität im Stromverbrauch behindert und die Nutzung von grünem Strom erschwert. Künftig sollen Netzentgelte stärker an den realen Netzbelastungen ausgerichtet und flexibler gestaltet werden, um die Netzentlastung zu fördern und gleichzeitig die energieintensive Industrie angemessen zu entlasten. Reformvorschläge beinhalten eine Ausrichtung der Rabatte an den Spot-Strompreisen und die Einführung von Anreizen für einen flexiblen Stromverbrauch, der regionale Netzengpässe berücksichtigt.

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