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Industriestrompreise im europäischen Vergleich

Einheitliche Industriestrompreise gibt es weder in Deutschland noch in Europa. In Deutschland sowie in den übrigen europäischen Ländern setzen sich die Industierstrompreise äußerst individuell zusammen. Ohne eigenes Kraftwerk auf dem Firmengelände muss immer Strom zugekauft werden und dieser ist für große oder energieintensive Unternehmen überall günstiger als für private Haushalte. Daher wird generell zwischen Privatstrompreisen und Gewerbe- oder Industriestrompreisen unterschieden.

Wie setzten sich die Industriestrompreise zusammen?

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2023: Strompreiszusammensetzung für Unternehmen in Deutschland

Die Industriestrompreise werden durch viele verschiedene Faktoren bestimmt. Die Großhandelspreise an den Spotmärkten sind bei Abschluss eines Stromliefervertrages mit den Versorgungsunternehmen meist der größte Bestandteil. Dazu kommen noch Netzentgelte, Steuern und Umlagen. Die individuelle Zusammensetzung dieser Kosten variiert je nach Unternehmen, da einige durch spezifische Entlastungen, wie beispielsweise Subventionen, Finanzhilfen, Steuer-, Umlagen- oder Entgeltvergünstigungen profitieren. Generell lässt sich feststellen, dass europäische Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch eher entlastet werden, als Unternehmen mit geringerem Energieverbrauch. Zudem erhalten sie zurzeit noch freie CO₂-Zertifikate auf dem europäischen Emissionshandel und haben oft spezielle Verträge mit Versorgungsunternehmen, die äußerst günstige Konditionen bieten, jedoch in der Regel nicht öffentlich bekannt sind.

Nur grobe Daten der durchschnittlichen Industriestrompreise

Sämtliche Angaben zu der Höhe von durchschnittlichen Industriestrompreisen der einzelnen Staaten sind demnach nur sehr grob. Die Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) oder Eurostat sind nicht zu 100 % valide. Allein in Deutschland klaffen die Strompreise für Unternehmen weit auseinander. Ein Reinigungskette, ein mittelständischer Betrieb des Kfz-Handwerks oder eine Großbäckerei werden andere Tarife haben als beispielsweise ein Stahlwerk oder ein Chemiekonzern. Für einen internationalen Vergleich kommen noch weitere Einflussfaktoren hinzu. Die Vielfalt der Kostenbestandteile variiert erheblich und erschwert einen direkten Vergleich. Zudem können Währungsschwankungen die Vergleichbarkeit beeinträchtigen, da Strompreise auch in lokaler Währung angegeben werden.

Die unterschiedlichen Energiemix und Erzeugungskosten in verschiedenen Ländern sind weitere Herausforderungen. Länder mit einem höheren Anteil erneuerbarer Energien können niedrigere Erzeugungskosten haben als solche, die stärker auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Regulatorische Unterschiede im Energiesektor und diverse wirtschaftliche Strukturen tragen ebenfalls zu den Schwierigkeiten eines Vergleiches bei. Die spezifischen Regelungen für Großverbraucher und individuelle Vertragsbedingungen zwischen Unternehmen und Energieversorgern sind oft nicht öffentlich bekannt und erschweren eine genaue Analyse.

Zusätzlich gibt es keine einheitlichen Standards für die Datenerfassung und Berichterstattung von Industriestrompreisen, was zu statistischen Unschärfen führen kann. Insgesamt erfordert ein präziser internationaler Vergleich von Industriestrompreisen daher eine gründliche Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten und eine umfassende Analyse der vielfältigen Faktoren, die die Preisbildung beeinflussen. Die im November 2023 durch den Kompromiss einer Stromsteuersenkung beendete Debatte um einen einheitlichen Industriestrompreis war deshalb sehr schwierig, weil im Grunde zuverlässige Zahlen fehlten. Alle Seiten argumentierten ohne validen Vergleich.

Zahlen im europäischen Vergleich

Die statistischen Erhebungen zu den durchschnittlichen Industriestrompreisen in Europa durch Eurostat und der IEA geben also zumindest eine grobe Übersicht für einen europäischen Vergleich. Auch das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI kommt in einer Studie, bei der unterschiedliche Unternehmensgrößen durch Fallbeispiele in verschiedenen Staaten berechnet wurden, zu ähnlichen Ergebnissen. In Europa liegen die Brutto-Strompreise in Frankreich, Portugal, Finnland und Schweden für Unternehmen unter dem Durchschnitt.

Der Industriestrompreis setzt sich auch sehr unterschiedlich zusammen. So sind beispielsweise die Beschaffungs- und Vertriebskosten in den Niederlanden am höchsten, obwohl der Gesamtbruttopreis hier immer noch günstiger ist, als in Deutschland. Für mittelgroße Unternehmen sind in Deutschland die Umlagen höher als beispielsweise in Dänemark. Insgesamt zahlen privilegierte Großkonzerne europaweit etwa gleichhohe Umlagen und Stromsteuern.

Im weltweiten Vergleich sind die europäischen Industriestrompreise allerdings verhältnismäßig hoch und liegen weit über den Preisen in Nordamerika und Fernost. Der deutsche Brutto-Industriestrompreis lag mit rund 26 Cent/kWh Ende 2022 im europäischen Mittelfeld. Durch das Entlastungspaket und der geplanten Stromsteuersenkung für 2024 reduziert sich dieser Wert um weitere 1,5 Cent/kWh.

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2022: Europäische Brutto-Strompreise im Durchschnitt für Unternehmen in Cent/kWh

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