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EU: Differenzverträge lösen Marktprämien ab

Mitte Oktober 2023 konnten sich die EU-Energieminister auf eine Reform des Strommarktes einigen. Vor dem Hintergrund der enorm gestiegenen Strompreise im Jahr 2022 sollen künftig solche Preisexplosionen abgefedert und zeitgleich der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Eine langfristige Stabilität auf den Strommärkten versprechen sich die Politiker durch die einheitliche und verbindliche Einführung der Differenzverträge (Contracts for Difference, CfD), der Eindämmung von Marktprämien-Modellen, eine verbesserte Liquidität des Terminmarktes und eine weitere Belebung von privatwirtschaftlichen Stromabnahmeverträgen (Power Purchase Agreements, PPAs).

Differenzverträge (CfD) werden für den Ausbau erneuerbarer Energien Pflicht 

Kernpunkt der vorausgehenden Diskussion zwischen Deutschland und Frankreich war dabei der Umgang mit den Erlösen der bereits bestehenden Differenzverträge. Da die Atomkraftwerke in Frankreich in staatlicher Hand liegen und über langfristige Differenzverträge verfügen, könnten die Einnahmen zur Strompreissubventionen – ähnlich eines Brücken- oder Industriestrompreis – genutzt werden, befürchtete die deutsche Delegation. Der nun ausgehandelte Kompromiss sieht hierzu einen europäischen Kontrollmechanismus vor. CfDs sind spezielle Verträge, die dazu dienen, das Risiko von Schwankungen in den Strompreisen zu steuern und die Einnahmen von Erzeugern von erneuerbaren Energien zu stabilisieren. Sie werden häufig von Regierungen oder Energieregulierungsbehörden in verschiedenen Ländern eingesetzt, um die Entwicklung erneuerbarer Energieprojekte zu fördern. In Deutschland fördert man die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien vorerst noch über die sog. gleitende Marktprämien und nicht durch Differenzverträge, was sich nun künftig ändern wird.

Was sind Differenzverträge?

Das Grundprinzip von Differenzverträgen besteht darin, dass ein Energieerzeuger, normalerweise ein Erzeuger von erneuerbaren Energien wie Wind- oder Solarenergie, mit einem festgelegten Preis pro erzeugter Einheit Energie (z. B. Megawattstunde) belohnt wird. Dieser Preis wird als Referenzpreis bzw. Strike Price bezeichnet, zu Planungsbeginn eines EE-Kraftwerks langfristig festgelegt und ist in der Regel höher als der aktuelle Marktpreis für Strom.

Wenn der Marktpreis für Strom niedriger ist als der Referenzpreis, erhält der Erzeuger die Differenz als finanzielle Unterstützung von der Regierung oder einem anderen Vertragspartner. Umgekehrt, wenn der Marktpreis höher ist als der Referenzpreis, muss der Erzeuger die Differenz zurückzahlen.

In vielen Fällen werden Differenzverträge im Rahmen von Ausschreibungsverfahren vergeben, bei denen Energieerzeuger Angebote für den Abschluss solcher Verträge abgeben. Dies fördert den Wettbewerb und ermöglicht es den Regierungen, die günstigsten Konditionen für die Förderung erneuerbarer Energien zu erzielen. CfD-Systeme kommen zurzeit beispielsweise in Großbritannien, Frankreich oder Spanien zum Einsatz und haben Laufzeiten zwischen zwölf bis zu 25 Jahren.

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Vorteile von Differenzverträgen (CfD):

Langfristige Planbarkeit: CfDs ermöglichen Projektentwicklern und Energieerzeugern, langfristige Verträge abzuschließen, was die Planbarkeit und die Finanzierung von Energieprojekten erleichtert. Sie schützen Stromproduzenten vor niedrigen und Verbraucher vor steigenden Preisen.

Preissicherheit: CfDs bieten in der Regel eine gewisse Preisgarantie, da sie oft feste oder indexbasierte Preise für die gelieferte Energie enthalten. Dies trägt dazu bei, das Preisrisiko für die Energieproduzenten und den Endverbraucher zu reduzieren.

Finanzierungsfreundlich: CfDs erleichtern die Finanzierung von Energieprojekten, da sie eine stabile Einnahmequelle bieten, die für Kreditgeber attraktiv ist. Insgesamt sinken dadurch auch die Finanzierungskosten.  

Was ist die deutsche „gleitende Marktprämie“?

Bei Förderung einer Anlage durch die gleitende Marktprämie oder dem Marktprämienmodell ist das Verfahren bei Projektstart ähnlich, wie bei Differenzverträgen. Der Stromerzeuger vermarktet den eigenen Strom selbst und erhält eine Marktprämie als Mindestpreis. Es unterscheidet sich aber dadurch, dass mögliche Zusatzerlöse durch gestiegene Strompreise beim Stromerzeuger verbleiben. Bei sinkenden Strompreisen ist dem Anlagenbetreiber also ein Mindestpreis sicher und bei steigenden Strompreisen kann er aus der Einspeisevergütung aussteigen und den Strom gewinnbringend selbst vermarkten.

Eine gleitende Marktprämie hat demnach zur Folge, dass höhere Preise zwangsläufig auch an die Endverbraucher weitergegeben werden. Über das spekulativere Marktprämien-Modell werden in Deutschland zurzeit rund 75 % aller Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen finanziert. Investoren berücksichtigen dabei nicht zwangsläufig nur die reinen Investitionskosten einer Anlage. Sie setzen vielmehr auf steigende Stromkosten und höhere Gewinne in der Zukunft. Diese werden anschließend in die Gesamtkalkulationen der EE-Anlagen mit dem weiteren Effekt einbezogen, dass bei steigenden Strompreisen Projekte äußerst günstig in Ausschreibungen angeboten und bei fallenden Strompreisen ggf. dann doch nicht umgesetzt werden. Die volatilen Strompreise sorgen demnach für ein höheres Investitionsrisiko und höhere Finanzierungskosten. Marktprämien-Modelle mit Einspeisevergütungen gibt es beispielsweise noch in Frankreich bei Offshore-Windparks und größeren PV-Anlagen.

Europäische Fördermodelle: Differenzverträge, Marktprämien und Mischformen

In Europa existieren zurzeit noch verschiedene Fördermodelle, die sich nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen. Neben Marktprämien-Modellen gibt es Quoten- und Zertifikatsmodelle (wie in Schweden und bis 2021 noch in Norwegen) sowie Investitionsbeiträge. Beispielsweise unterstützen Finnland und Österreich die Photovoltaik- und Wasserkraftprojekte durch einmalige Investitionszuschüsse, während Schweden neben dem Zertifikatsystem auch Investitionsbeiträge für Photovoltaik bietet.

Es gibt auch Unterschiede in der Ausgestaltung der Marktprämien-Modelle. So können Marktprämien auch als feste Beträge ausgestaltet sein. In einem solchen Modell, das beispielsweise Deutschland für technologieneutrale „Innovationsausschreibungen“ anwendet, erhält der Anlagenbetreiber einen festen Beitrag pro produzierter Kilowattstunde. Unter Berücksichtigung der Diskontierung nähert sich dieses Modell einem Investitionsbeitrag an.

Bei sog. asymmetrischen Prämien wird die Prämie wird niemals negativ. Anlagenbetreiber können sich so gegen niedrige Strompreise absichern, behalten jedoch das Potenzial für Gewinne bei steigenden Preisen. Dies klingt zunächst attraktiv, kann jedoch dazu führen, dass bei Auktionen aggressiver geboten wird, da Investoren auf Gewinnchancen setzen und bewusst Risiken eingehen. Tatsächlich wurden beispielsweise bei Offshore-Windprojekten Gebote von null abgegeben.

Einige europäische Länder zahlen zwar gleitende Marktprämien aus, jedoch nur für eine begrenzte Zeitdauer. Das bedeutet, dass die Anlagen bereits nach 10 oder 12 Jahren dem freien Markt ausgesetzt werden. In extremen Fällen nähert sich ein solches Prämienmodell einem Investitionsbeitrag an: Wenn die Prämie theoretisch nur für ein Jahr gezahlt wird, entspricht sie in etwa einem Investitionsbeitrag.

Reform des EU-Strommarktes durch Differenzverträge und nicht durch Marktprämien-Modelle

Der jetzt anstehende Trialog zwischen der EU-Kommission, des Parlamentes und dem Ministerrat zur weiteren Ausgestaltung der europäischen Energiegesetzgebung wird demnach den Ausbau von Differenzverträgen zur Förderung der erneuerbaren Energien fördern und Marktprämien-Modelle einschränken. Dieses Vorgehen deckt sich auch mit der Empfehlung des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung, die in einer Studie aus dem Jahre 2022 zu einem ähnlichen Ergebnis kam. Bis 2030 könnten Verbraucher jährlich ihre Stromkosten um 800 Millionen Euro vermindern und hätten im Jahre 2022 durch Differenzverträge nahezu 15 Milliarden Euro eingespart, so heißt es in dem Abschlussbericht.

Der Umgang mit Subventionen für europäische Atom- und Kohlekraftwerke wird trotzdem für weitere Diskussionen im Trialog führen. Gerade der günstige Atomstrom kann schnell zu Wettbewerbsverzerrungen auf den europäischen Strommärkten führen und Kohlesubventionen solle es nicht mehr geben. Das Parlament plant, neben den Differenzverträgen auch gleichwertige direkte Fördermechanismen für erneuerbare Energien zu ermöglichen. Zusätzlich wird gefordert, dass mindestens 50% der Differenzverträge (CfDs) über öffentliche Ausschreibungen vergeben werden.

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