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Das Anlagenzertifikat

Gewerbliche Photovoltaikanlagen bestimmter Leistungsbereiche benötigen ein Anlagenzertifikat, um die Stabilität und Sicherheit des Stromnetzes zu gewährleisten. In Deutschland regeln die Verordnung zum Nachweis elektrotechnischer Eigenschaften von Energieanlagen (NELEV) und die technischen Anschlussregeln der VDE (VDE-AR-N 4105, 4110 und 4120) die Anforderungen an diese Zertifikate. Die Zertifizierungspflicht besteht für alle Erzeugeranlagen, die am Mittel-, Hoch- und Höchstspannungsnetz angeschlossen werden. Einzureichen ist das Anlagenzertifikat bei dem jeweiligen Energieversorgungsunternehmen.

Anlagengrößen, Pflichten & Anlagenzertifikat

Anlagen ab 135 kWp bis 500 kWp und unter 270 kW Einspeiseleistung: Seit dem Solarpaket I, das Mitte 2024 in Kraft getreten ist, gilt für alle PV-Anlagen mit einer Leistung bis 500 kWp und einer Einspeiseleistung von maximal 270 kW ein vereinfachtes Anlagenzertifikat bzw. ein Anlagenzertifikat Typ B. Dies gilt für einen Anschluss an das Niederspannungsnetzt als auch für einen Anschluss an das Mittelspannungsnetz. Beide Anlagentypen fallen seitdem unter die Anschlussregel VDE-AR-N 4105 und sind von der Zertifizierungspflicht ausgenommen. Für solch einen Anschluss reicht es aus, die einzelnen Zertifikate der Komponenten wie Wechselrichter, Schutzgeräte oder Solarmodule bei dem zuständigen Netzbetreiber einzureichen. Damit Anlagenbetreiber nicht alle Komponentenzertifikate einzeln beschaffen und einreichen müssen, gibt es seit Sommer 2024 die EZE-Datenbank. Die Komponentenhersteller sind seitdem dazu verpflichtet, die Zertifikate dort zu hinterlegen, um den bürokratischen Aufwand für alle Beteiligten zu reduzieren.

Anlagen über 500 kWp bis 1 MWp oder über 270 kW Einspeiseleistung: Diese PV-Anlagen fallen unter die Anschlussregel VDE-AR-N 4110. Für sie ist allerdings ein Anlagenzertifikat Typ B verpflichtend. Auch hier genügt die Einreichung der Herstellerzertifikate. Gerade für solche Erzeugeranlagen mit 135 kWp bis 1 MWp Leistung in der Mittelspannung wurde die Anschlussregel VDE-AR-N 4110 um das vereinfachte Einzelnachweisverfahren im September 2023 erweitert. In der Praxis zeigt sich zurzeit jedoch noch, dass sich die Zulassungs- und Zertifizierungsprozesse zwischen den potenziellen PV-Anlagenbetreibern und den jeweiligen Netzbetreibern bei diesen Anlagengrößen noch nicht eingespielt haben.

Anlagen über 950 kWp: PV- oder Erzeugeranlagen mit einer Leistung von mehr als 950 kWp müssen das umfassendere Anlagenzertifikat Typ A vorweisen. Sie werden immer am Mittel-, Hoch- und Höchstspannungsnetz angeschlossen und entsprechend gelten die Anschlussregeln VDE-AR-N 4110 oder 4120. Demnach sind bei solchen Anlagen immer Anlagenzertifikat Typ A und die jeweilige Anschlussregel Pflicht. Dabei ist der Zertifizierungsprozess deutlich umfangreicher und prüft detailliert alle Komponenten und die Netzkonformität der Anlage.

Anlagenzertifikat Typ B

Das Anlagenzertifikat Typ B bietet Betreibern von Photovoltaikanlagen im mittleren Leistungsbereich zahlreiche Vorteile und besondere Vereinfachungen, die sowohl den Aufwand als auch die Kosten für die Zertifizierung deutlich senken.

Ein zentraler Vorteil ist das vereinfachte Verfahren: Der Prüfungsumfang ist auf die wesentlichen Anforderungen beschränkt, wodurch Prüfungen zu Netzrückwirkungen oder dynamischem Verhalten entfallen. Diese Reduktion sorgt für einen schnelleren Zertifizierungsprozess und verkürzt somit die Planungs- und Inbetriebnahmephase erheblich. Betreiber profitieren somit von einer schnelleren, effizienteren Abwicklung und erreichen früher den Netzanschluss ihrer Anlage.

Auch die geringeren Kosten und der reduzierte Verwaltungsaufwand machen Typ B besonders attraktiv. Die Kosten für das Zertifikat liegen deutlich unter denen eines Typ A-Zertifikats. Der geringere Prüfungsumfang erfordert weniger Dokumentation und erleichtert die Planung, was für kleinere und mittlere Anlagenbetreiber speziell interessant ist. Zusätzlich sinken interne und externe Personalkosten, da durch das vereinfachte Verfahren weniger Personal für die Zertifizierungsbearbeitung benötigt wird.

Ein weiterer Vorteil ist die schnellere Inbetriebnahme: Um die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, können akkreditierte Zertifizierungsstellen oder Netzbetreiber das Anlagenzertifikat Typ B bis Ende 2025 auch vorläufig ausstellen. Diese vorläufige Ausstellung ermöglicht eine beschleunigte Inbetriebnahme, wodurch Betreiber schneller von den Einspeisevergütungen profitieren können.

Schließlich bietet Typ B Flexibilität bei der Dokumentation. Fehlende Nachweise und Dokumente können innerhalb einer Frist von 18 Monaten nachgereicht werden, was eine schrittweise, gegebenenfalls kosteneffizientere Planung ermöglicht. Betreiber können so den bürokratischen Aufwand gleichmäßiger verteilen und ihre Anlagen optimal auf den Netzanschluss vorbereiten.

Insgesamt stellt das Anlagenzertifikat Typ B eine wertvolle Erleichterung für PV-Betreiber dar, die mittlere Anlagen betreiben und den Zertifizierungsprozess zügig, kostengünstig und mit reduziertem Aufwand bewältigen möchten.

Anlagenzertifikat Typ A

Das Anlagenzertifikat Typ A ist für Photovoltaikanlagen mit einer Leistung über 950 kWp zwingend erforderlich und gewährleistet, dass große Anlagen, die erhebliche Auswirkungen auf das Stromnetz haben können, den höchsten technischen und sicherheitstechnischen Standards entsprechen.

Typ A umfasst sämtliche Prüfungen, die alle relevanten Aspekte der Anlagenkonzeption und Netzverträglichkeit abdecken, um die Anlage reibungslos in das Netz integrieren zu können. Dies beinhaltet beispielsweise die Analyse der Netzrückwirkungen sowie des dynamischen Verhaltens der Anlage. Dies soll sicherstellen, dass die Anlage selbst bei Netzstörungen stabil bleibt und das Netz nicht gefährdet.

Ein weiteres zentrales Element ist die Sicherstellung der Normenkonformität und Einhaltung von Sicherheitsanforderungen. Die Zertifizierung bestätigt, dass die Anlage den geltenden Vorschriften nach VDE und der NELEV entspricht, insbesondere in Bezug auf Spannungsqualität, Frequenzhaltung und elektromagnetische Verträglichkeit. Dies schützt das Netz und sorgt dafür, dass die Anlage über ihre gesamte Betriebsdauer hinweg netzkonform arbeitet.

Darüber hinaus bestehen umfassende Dokumentationspflichten. Betreiber müssen ein detailliertes Schutz- und Regelungskonzept, vollständige technische Dokumentationen sowie umfassende Testberichte vorlegen. Diese Anforderungen garantieren den sicheren und stabilen Netzanschluss und bieten dem Netzbetreiber die Sicherheit, dass alle technischen und sicherheitsrelevanten Vorgaben erfüllt werden.

Zusammengefasst sichert das Anlagenzertifikat Typ A den störungsfreien Betrieb größerer Photovoltaikanlagen und stärkt durch strenge Prüfungen und umfangreiche Dokumentationsanforderungen die Stabilität des Stromnetzes.

Unterschiede zwischen Typ A und Typ B

Die Anlagenzertifikate Typ A und Typ B unterscheiden sich in Prüfungsumfang und Komplexität, nicht jedoch in grundlegenden technischen Anforderungen oder Hardware.

Das Anlagenzertifikat Typ B umfasst ein vereinfachtes Prüfverfahren, das vor allem die elektrischen Eigenschaften der Erzeugungseinheiten, das Verhalten zur statischen Spannungshaltung sowie das Schutz- und Regelungskonzept, die Wirkleistungssteuerung und das Netzsicherheitsmanagement untersucht. Dieses Verfahren ist weniger aufwendig und komplex, was Zeit und Kosten spart.

Im Gegensatz dazu beinhaltet das Anlagenzertifikat Typ A eine umfassendere Prüfung, die alle Tests von Typ B sowie zusätzliche Untersuchungen zu Netzrückwirkungen, dynamischem und quasidynamischem Verhalten einschließt. Eine detaillierte Analyse des Anlagenverhaltens bei Störungen wie Spannungseinbrüchen oder Frequenzschwankungen gehört ebenfalls dazu. Die Zertifizierung erfordert daher umfangreichere Simulationen und Berechnungen, um sicherzustellen, dass größere Anlagen stabil und sicher ins Netz integriert werden.

Trotz der Unterschiede in der Prüfintensität sind die Dokumentationsanforderungen für beide Zertifikatstypen weitgehend identisch. Die konkreten Schutzkonzepte und Einstellungen richten sich dabei nach den Anforderungen des Netzbetreibers und der Netzebene, weniger nach dem Zertifikatstyp selbst.

Prüfverfahren

Das Prüfverfahren für die Zertifizierung von PV-Anlagen umfasst sowohl Haupt- als auch Zusatzkomponenten. Zu den Hauptkomponenten zählen Solarpaneele, Wechselrichter und Verkabelungssysteme, die auf ihre Leistung und Qualität hin geprüft werden, um eine sichere Funktion zu gewährleisten. Die Zusatzkomponenten, wie in der VDE-AR-N 4110 gefordert, beinhalten EZA-Regler, Schutz- und Überwachungseinrichtungen sowie Kommunikationsgeräte. Die Prüfung umfasst zudem die Konformität mit Normen, die technischen Daten der Komponenten und ihre Kommunikationsfähigkeit.

Gemeinsame Prüfungsinhalte für die Zertifikate Typ A und Typ B beinhalten die Überprüfung der elektrischen Eigenschaften der Erzeugungseinheiten, das Verhalten zur statischen Spannungshaltung, das Schutz- und Regelungskonzept, die Wirkleistungssteuerung und das Netzsicherheitsmanagement.

Für beide Zertifikatstypen gilt, dass die Prüfung und Zertifizierung vor der Inbetriebnahme der PV-Anlage erfolgen müssen. Das Anlagenzertifikat ist im Vorfeld mit dem Netzbetreiber abzustimmen und vor Inbetriebnahme vorzulegen. Nach erfolgter Inbetriebnahme wird das Verfahren durch eine Inbetriebsetzungserklärung und eine Konformitätserklärung abgeschlossen.

Regulierung und Überwachung durch die Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur übernimmt eine zentrale Funktion bei der Regulierung und Überwachung der Zertifizierungsprozesse für Energieanlagen und Netzbetreiber in Deutschland und setzt wichtige Standards für die Sicherheit und Konformität des Stromnetzes. Dazu hat sie gemäß §§ 4a ff. EnWG verschiedene Zertifizierungsmodelle entwickelt und schreibt eine Implementierung eines Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS) nach DIN EN ISO/IEC 27001 vor.

Die Bundesnetzagentur definiert zudem das Konformitätsbewertungsprogramm, das die Anforderungen an die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen regelt. Diese Akkreditierung wird von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) durchgeführt und setzt bestimmte Anforderungen an die Qualifikation von Auditoren und Zertifizierungsstellen voraus. Für die Umsetzung neuer regulatorischer Anforderungen legt die Bundesnetzagentur Fristen fest, etwa die bis zum 31.03.2024 geltende Frist für die Selbst-Zertifizierung und den Nachweis in bestimmten Fällen.

Durch diese umfassenden Aufgaben und Befugnisse stellt die Bundesnetzagentur sicher, dass die Zertifizierungsprozesse im Energiesektor einheitlich, transparent und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend durchgeführt werden. Sie trägt damit wesentlich zur Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung in Deutschland bei.

Das Anlagenzertifikat für Netzstabilität & Sicherheit

Anlagenzertifikate tragen entscheidend zur Netzstabilität und sicheren Integration von PV-Anlagen in das deutsche Stromnetz bei. Das vereinfachte Typ B Zertifikat stellt eine attraktive Option für mittlere Anlagen dar, die von reduzierten Prüfanforderungen, niedrigeren Kosten und einem flexibleren Planungsprozess profitieren können. Das umfassende Typ A Zertifikat sichert den Betrieb größerer Anlagen ab und gewährleistet die Einhaltung höchster technischer und regulatorischer Anforderungen.

Für Anlagenplaner bedeutet dieser Prozess jedoch einen erheblichen Aufwand: Die detaillierten Prüfungen, die Erfüllung umfassender technischer Vorgaben und die Dokumentation erfordern eine sorgfältige Planung und oft die Einbindung spezialisierter Expertise. Der Zertifizierungsprozess selbst ist komplex und mit bedeutendem Ressourcen- und Zeitaufwand verbunden, was die Projektkosten und die Planungssicherheit erheblich beeinflussen kann. CUBE CONCEPTS übernimmt alle Abstimmungen mit dem Netzbetreiber bis zur Zertifizierung und Konformitätserklärung für alle PV-Projekte für den Auftraggeber.

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