Ein Netzverknüpfungspunkt (NVP) ist ein Knotenpunkt im Stromnetz, an dem verschiedene Stromerzeuger, wie Wind- oder Solaranlagen, sowie Verbraucher und unterschiedliche Netzebenen miteinander verbunden werden. An diesen Punkten wird elektrische Energie ins Netz eingespeist, verteilt oder zwischen verschiedenen Netzabschnitten (z. B. zwischen Übertragungs- und Verteilnetzen) übertragen. Typische Netzverknüpfungspunkte sind Umspannwerke, Schaltanlagen oder Transformatorenstationen, die dafür sorgen, dass der Strom sicher und effizient durch das Netz fließt. Bisher ist es üblich, dass Netzbetreiber NVPs mit einer maximale Einspeiseleistung von 100 % belegen.
Lange Wartezeiten für den Anschluss am Netzverknüpfungspunkt
Weil sich der Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren stark beschleunigt hat und die Bundesregierung 80 % der Stromerzeugung bis 2030 aus EE-Anlagen beziehen möchte, kommt es beim Netzanschluss immer häufiger zu Engpässen. Verteilnetzbetreiber (VNB) können mit der großen Anzahl an Anschlussanfragen nicht Schritt halten. Das hat lange Wartezeiten und zunehmende weitere Entfernungen zum nächsten freien Netzverknüpfungspunkt (NVP) zur Folge. Hinzu kommen lange Lieferzeiten für Transformatoren und Umspannstationen, was die Kosten für EE-Projekte erhöht und teilweise sogar deren Realisierung gefährdet. Hemmend wirkt hier zusätzlich der gesetzliche Rahmen, der vorschreibt, dass jeder Netzanschluss für die maximale Leistung einer EE-Anlage ausgelegt sein muss. In der Praxis wird diese maximale Leistung jedoch selten erreicht, da erneuerbare Energien wie Solar und Wind volatil einspeisen.
Ungenutzte Kapazitäten der Netzverknüpfungspunkte
Wird beispielsweise heute an einem 150-MW-Netzverkünpfungspunkt eine PV-Freiflächenanlage mit 50 MWp und ein Windpark mit 100 MWp angeschlossen, dürfen demnach dort keine weiteren Erzeugeranlagen einspeisen. Da beide Erzeugeranlagen jedoch in den seltensten Fällen 100 Prozent ihrer Leistung gleichzeitig in das Netz leiten wird, bleiben in der übrigen Zeit die freien Kapazitäten ungenutzt. Die Komplementarität von intelligent steuerbaren Solar- und Windenergieanlagen, die an einzelnen Tagen und saisonal unterschiedlich Strom erzeugen, kann die Netzlast gleichmäßiger verteilt und der Redispatch verringert werden. Daher sind heute schon die wenigsten Netzverknüpfungspunkte voll ausgelastet.
Um die Netzanschlusskosten zu senken als auch die Realisierung neuer EE-Projekte nicht zu gefährden, steht jetzt die Frage im Raum, mehrere EE-Anlagen und Speicher gemeinsam an Netzverknüpfungspunkten anzuschließen, um die bestehende Infrastruktur effizienter zu nutzen. Dies kann den fehlenden Netzausbau zwar nicht komplett kompensieren, aber zumindest gewinnen die Netzbetreiber auf diese Weise wertvolle Zeit dazu. Daher raten Experten, mehrere EE-Anlagen gemeinsam an einen Netzverknüpfungspunkt anzuschließen und diesen zu „überbauen“, um die Auslastung zu erhöhen.
Überdimensionierung eines Netzverknüpfungspunktes
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und das Fraunhofer IEE haben jetzt dazu eine Studie durchgeführt. Diese zeigt, dass eine moderate Überdimensionierung der Netzverknüpfungspunkte (um 150 % der Anschlussleistung) kaum Überschüsse erzeugt. Dies fördert den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Um den optimalen Einsatz der Netzanschlüsse zu prognostizieren, haben die Wissenschaftler deutschlandweit die Einspeisepotenziale von Wind- und Solarenergie analysiert. Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass selbst eine noch stärkere Überdimensionierung (250 %) problemlos möglich sei. Dies führe sogar zu einer weiteren Effizienzsteigerung der Netzverknüpfungspunkte. Dabei käme es zwar zu mehr Stromüberschüssen, die aber sinnvoll durch Speicher und Sektorenkopplungsanlagen wie Elektrolyseure genutzt werden könnten. Dies vermeide auch Abregelungen von EE-Anlagen.
Die erforderlichen rechtlichen Anpassungen zur Umsetzung dieser Maßnahmen seien geringfügig und könnten rasch umgesetzt werden. Dadurch würden Projekte schneller realisiert, Kosten und Ressourcen gespart, und es entstehen zusätzliche Anreize für den Ausbau von Speichern und flexiblen Biogasanlagen. Insgesamt würde dies die Energiewende beschleunigen und kostengünstiger gestalten, so heißt es.
Fazit
Das effizientere Nutzen von Netzverknüpfungspunkten (NVP) ist entscheidend für den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien. Angesichts steigender Anschlussanfragen und begrenzter Netzkapazitäten führen lange Wartezeiten und hohe Kosten zur Verzögerung von Projekten. Da Solar- und Windenergie selten gleichzeitig ihre maximale Leistung ins Netz einspeisen, bleiben viele NVPs unterausgelastet. Eine Lösung besteht darin, mehrere EE-Anlagen und Speicher gemeinsam anzuschließen und Netzverknüpfungspunkte moderat zu überdimensionieren. Studien zeigen, dass dies die Effizienz steigern und Abregelungen reduzieren würde. Mit geringfügigen rechtlichen Anpassungen könnten Projekte schneller umgesetzt und der Ausbau erneuerbarer Energien erheblich beschleunigt werden.