Der Börsenstrompreis ist in Bewegung wie selten zuvor. Immer häufiger kommt es zu extremen Ausschlägen – sowohl nach oben als auch nach unten. Im ersten Drittel des Jahres 2025 wurden bereits 119 Stunden mit negativen Strompreisen gezählt, 45 % mehr als im gleichen Zeitraum 2024. Auch die Anzahl der Stunden mit Preisen über 200 Euro pro Megawattstunde ist von 1 auf 66 Stunden gestiegen. Insgesamt lagen die Börsenstrompreise in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres zwischen -130 und +583 Euro pro MW. Solche Entwicklungen sind kein Zufall, sondern das Resultat struktureller Veränderungen auf dem Strommarkt.
Was ist der Börsenstrompreis?
Der Börsenstrompreis ist der Preis, zu dem Strom an der Strombörse EEX (European Energy Exchange) in Leipzig oder an der EPEX Spot in Paris gehandelt wird. Er entsteht im sogenannten Day-Ahead-Markt, wo Angebot und Nachfrage für jede Stunde des Folgetages aufeinandertreffen. Das teuerste noch benötigte Gebot bestimmt den Strompreis dieser Stunde – ein Prinzip, das als Merit-Order bekannt ist. Im Intraday-Handel können Erzeuger, Energieversorger, Händler, energieintensive Unternehmen oder Banken sogar bis zu fünf Minuten vor Lieferbeginn Strom kaufen oder verkaufen. Einflussfaktoren auf den Börsenstrompreis sind generell die Erzeugungskapazitäten, Wetterbedingungen, Verbrauchsmuster und politische Entscheidungen.
Ursachen für die aktuell starken Schwankungen
Die Zunahme volatiler Börsenstrompreise lässt sich vor allem auf drei Faktoren zurückführen:
1. Anstieg der Erneuerbare Energien im Strommix
Der ansteigende Anteil von Solar- und Windenergie, der bereits bei etwa 60 % liegt, hat die Struktur der Börsenstrompreise grundlegend verändert. Anders als konventionelle Kraftwerke speisen erneuerbare Quellen nicht konstant, sondern wetterabhängig und oft in großen Mengen auf einmal ins Netz ein. Das führt bei Überangebot zu negativen Preisen – insbesondere mittags bei starker Sonneneinstrahlung oder nachts bei starkem Wind.
2. Begrenzte Speicher- und Netzkapazitäten
Stromüberschüsse können mangels ausreichender Speicherinfrastruktur und Netzkapazitäten nicht immer flexibel aufgenommen oder verteilt werden. In der Folge kommt es bei Stromüberschuss zu einem Preisverfall und bei Engpässen zu sprunghaften Anstiegen. Der Ausbau von Speichern und Netzen ist daher entscheidend, um Preisspitzen in beide Richtungen abzufedern und die Integration erneuerbarer Energien zu ermöglichen.
3. Globale, geopolitische & regulative Faktoren
Auch Gaspreise, CO₂-Zertifikate, geopolitische Entwicklungen (z. B. Ukraine-Krieg), die Kraftwerksverfügbarkeit oder Unsicherheiten in der Weltwirtschaft beeinflussen den Börsenstrompreis. So war etwa das Rekordhoch von 871 €/MWh im August 2022 eine direkte Folge der Gaspreisexplosion. Auch regulatorische Eingriffe – etwa Änderungen im EEG oder staatliche Preisdeckel – können kurzfristig massive Auswirkungen auf den Marktpreis haben.
Volatile Börsenstrompreise als Chance für flexible Verbraucher und Unternehmen
Trotz der Herausforderungen bieten die Preisschwankungen am Strommarkt große Chancen – insbesondere für flexible Verbraucher, Prosumer und Unternehmen mit steuerbaren Lasten.
Dynamische Stromtarife
Mit dynamischen Stromtarifen, die sich am aktuellen Börsenstrompreis orientieren, können Verbraucher gezielt Zeiten mit günstigen Preisen nutzen – zum Beispiel zum Laden von E-Autos, Wärmepumpen oder Batteriespeichern.
Batteriespeicher als Schlüsseltechnologie
Gewerbliche Batteriegroßspeicher können Strom in Niedrigpreisphasen aufnehmen und zu Hochpreiszeiten wieder einspeisen – ein Modell, das nicht nur wirtschaftlich attraktiv, sondern auch netzdienlich ist. Der Markt für Großspeicher erlebt deshalb einen regelrechten Boom.
Industrielle Prozesssteuerung
Auch energieintensive Prozesse in Industrie und Gewerbe lassen sich in Preisniedrigphasen verschieben, etwa durch intelligente Laststeuerung, wie beispielsweise der CUBE EfficiencyUnit (Energiemanagementsystem). Besonders mittägliche Solarstromspitzen können heute schon relativ gut prognostiziert und genutzt werden.
Wie Unternehmen den Börsenstrompreis aktiv nutzen können
Unternehmen können ihre Stromkosten optimieren, wenn sie die Mechanismen des Strommarkts verstehen und gezielt nutzen:
- Hedging am Terminmarkt schützt vor langfristigen Preisrisiken.
- Spotmarktnutzung ermöglicht kurzfristige Reaktionen auf Preisentwicklungen.
- Eigenstromerzeugung durch PV-Anlagen senkt die Abhängigkeit von volatilen Preisen.
- Einsatz intelligenter Energiemanagementsysteme ermöglicht automatisierte Reaktionen auf Börsenpreissignale.
Ausblick: Was bringt die Zukunft?
Langfristig wird erwartet, dass Netzausbau, intelligente Steuerungssysteme und mehr Speicher die Preisspitzen glätten. Dennoch bleibt der Börsenstrompreis ein zentrales Signal für das Energiesystem der Zukunft. Er zeigt, wann Strom besonders knapp oder besonders günstig ist – und damit, wann Flexibilität gefragt ist.
Fazit
Die zunehmende Volatilität des Börsenstrompreises ist Herausforderung und Chance zugleich. Wer sie versteht, kann nicht nur Stromkosten senken, sondern auch aktiv zur Energiewende beitragen. Flexible Verbraucher, moderne Speicherlösungen und dynamische Tarife werden deshalb zum Rückgrat eines effizienten, dezentralen Stromsystems.