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Grid-Forming-netzbildende-Wechselrichter

Grid Forming mit netzbildenden Wechselrichtern

Netzbildende Wechselrichter übernehmen beim Grid Forming die aktive Kontrolle über Spannung und Frequenz im Netz – und sorgen so für eine zuverlässige Versorgungssicherheit. Dies wurde bisher jahrzehntelang durch große Kraftwerke gewährleistet. Deren Synchrongeneratoren besitzen rotierende Schwungmassen, die auch bei plötzlichen Schwankungen eine konstante Netzfrequenz und Spannung aufrechterhalten – man spricht hier von Momentanreserve oder „Trägheit“.

Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien verändert sich diese Situation grundlegend: Photovoltaik- und Windkraftanlagen speisen ihren Strom über Leistungselektronik ein. Diese ist zwar sehr effizient, bringt jedoch keine natürliche Schwungmasse ins Netz ein. Das bedeutet: Je mehr konventionelle Kraftwerke abgeschaltet werden, desto weniger klassische Stabilitätsmechanismen stehen zur Verfügung. Ohne zusätzliche Maßnahmen kann dies die Security of supply and Grid stability gefährden.

Grid Forming durch innovative Wechselrichtertechnologie ermöglicht nun, dass EE-Anlagen in Verbindung mit Large battery storage systems selbst netzbildend wirken. Das heißt: Anstatt nur einem bestehenden Netzsignal zu folgen, übernehmen die Anlagen aktiv Aufgaben, die bisher Synchrongeneratoren vorbehalten waren – sie stellen Spannung und Frequenz bereit, sorgen für virtuelle Trägheit und stabilisieren so das Netz. Damit wird Grid Forming zu einem zentralen Baustein der Energiewende.

Wie funktioniert Grid Forming?

Während herkömmliche Grid-Following-Wechselrichter auf ein bestehendes Netzsignal angewiesen sind, übernehmen Grid-Forming-Wechselrichter in Verbindung mit Energy management systems (EMS) selbst die Rolle des „Netzdirigenten“. Sie erzeugen aktiv eine eigene Referenz für Spannung und Frequenz und stellen damit die Grundlage für einen stabilen Netzbetrieb bereit – auch dann, wenn keine rotierenden Generatoren mehr vorhanden sind.

Virtuelle Trägheit – Software statt Schwungmasse

Konventionelle Synchrongeneratoren stabilisieren das Stromnetz durch ihre physikalische Trägheit. Wenn Lasten plötzlich wegfallen oder hinzukommen, puffert die rotierende Masse dieser Generatoren die Frequenzschwankungen kurzfristig ab. Grid-Forming-Wechselrichter übernehmen diese Aufgabe in Verbindung mit erneuerbaren Energien und Speichern auf rein softwarebasierter Ebene. Sie übertragen die Rolle der Synchrongeneratoren auf moderne Leistungselektronik und können so innerhalb von Millisekunden Energie abgeben oder aufnehmen.

Durch die äußerst kurze Reaktionszeit verhalten sich diese Systeme wie konventionelle Schwungräder, obwohl keine physische Bewegung vorhanden ist. Möglich wird dies durch Regelverfahren wie die Droop-Control oder das Konzept der Virtuellen Synchronmaschine (VSM), die blitzschnell auf Frequenzänderungen reagieren. Auf diese Weise wird eine Momentanreserve bereitgestellt, die alle Frequenzabweichungen effektiv abfängt. Das ermöglicht sogar ein kompletten Schwarzstart durch Batteriespeicher.

Spannungsbildung – aktive Steuerung statt reinem Folgen

Neben der Frequenzstabilisierung übernehmen Grid-Forming-Wechselrichter auch die aktive Steuerung der Netzspannung. Anders als klassische, netzgeführte Anlagen agieren sie als Spannungsquelle und können Spannungshöhe sowie -qualität eigenständig vorgeben. Über Verfahren wie die Spannungs-Droop-Regelung passen sie ihre Leistung kontinuierlich an die aktuellen Netzbedingungen an. Dadurch bleibt die Spannung auch in dynamischen Situationen stabil. Selbst bei schwerwiegenden Netzstörungen, etwa bei Kurzschlüssen, sind die Systeme in der Lage, das Netz weiterhin zu stützen. Diese Fähigkeit wird als Fault Ride Through bezeichnet und ist ein zentraler Baustein für die Widerstandsfähigkeit künftiger Stromnetze.

Intelligente Steuerung in Echtzeit

Die Grundlage des Grid Formings bildet eine hochdynamische Mess- und Regeltechnik. Grid-Forming-Systeme überwachen fortlaufend alle relevanten Netzparameter wie Strom, Spannung und Frequenz. Mithilfe von Rückkopplungsschleifen können sie ihr Verhalten in Echtzeit anpassen und so unmittelbar auf Veränderungen reagieren. Ob durch die Begrenzung von Strömen, die Unterstützung der Frequenz oder die Stabilisierung der Spannung – die Systeme arbeiten mit einer Geschwindigkeit und Präzision, die herkömmlichen Generatoren überlegen ist. Dadurch wird ein stabiler Netzbetrieb selbst in Szenarien möglich, in denen ausschließlich leistungselektronische Erzeuger wie Photovoltaik-, Windkraftanlagen und Batteriespeicher beteiligt sind.

Unterschied zwischen Grid Forming und Grid Following

Um die Funktionsweise von Grid Forming zu verstehen, ist der Vergleich mit dem klassischen Prinzip der Grid-Following-Wechselrichter hilfreich. Grid-Following-Systeme sind darauf angewiesen, einem bestehenden Netzsignal zu „folgen“. Sie speisen ihre Leistung synchron zu einer bereits vorhandenen Frequenz und Spannung ein und können nur dann arbeiten, wenn ein stabiles Netzsignal vorhanden ist.

Grid-Forming-Wechselrichter hingegen übernehmen eine deutlich aktivere Rolle: Sie „bilden“ das Netz selbst, indem sie eigenständig eine Referenz für Spannung und Frequenz erzeugen. Konventionelle Synchrongeneratoren, die den Takt für Frequenz und Spannung vorgeben, werden so überflüssig.

Während Grid Following in stabilen Netzen mit ausreichend konventionellen Kraftwerken zuverlässig funktioniert und ein wichtiges Werkzeug zur Einspeisung erneuerbarer Energien darstellt, ist Grid Forming für moderne, zukunftsfähige und EE-basierte Energiesysteme ist demnach unverzichtbar.

Vergleich Grid Forming vs. Grid Following

Grid FollowingGrid Forming
NetzbezugBenötigt ein bestehendes Netzsignal (Frequenz & Spannung)Gibt selbst Spannung und Frequenz aktiv vor
StabilizationReagiert nur auf vorhandene NetzbedingungenStabilisiert das Netz aktiv und dynamisch
Trägheit/MomentanreserveKeine eigene Trägheit, abhängig von SynchrongeneratorenEmuliert virtuelle Trägheit über Algorithmen und Speicher
EinsatzfähigkeitFunktioniert nur in stabilen Netzen mit SynchrongeneratorenFunktioniert auch in Netzen ohne rotierende Maschinen
SchwarzstartfähigkeitNicht möglichMöglich: Kann Netze eigenständig wieder aufbauen
Typische AnwendungKlassische PV- und Windanlagen, die in bestehende Netze einspeisenBatteriespeicher, Microgrids, erneuerbare Anlagen mit Netzstützung

Technische Umsetzung & Einsatzbereiche

Die technische Umsetzung von Grid Forming erfolgt im Kern durch netzbildende Wechselrichter oder Umrichter in Verbindung mit einem EMS. Die Hardware muss in der Lage sein, Spannung und Frequenz autonom vorzugeben sowie alle physikalischen Funktionen zu übernehmen. Das EMS als Software steuert die Betriebsweise, orchestriert den Einsatz grid-formender Hardware und entscheidet beispielsweise über Inselbetrieb, Lastpriorisierung oder Resynchronisation.

Wechselrichter als Hardware

Die netzbildenden Wechselrichter übernehmen die physikalische Aufgabe des Grid Formings. Sie stellen aktiv Spannung und Frequenz bereit und können diese stabil im Netz halten. Damit bilden sie die Grundlage für Funktionen wie Inselbetrieb oder Schwarzstartfähigkeit. Ihre Aufgabe ist es, die von der Software vorgegebenen Sollwerte präzise umzusetzen und schnell auf Änderungen im Netz zu reagieren.

EMS als Software

Im Falle des Grid Formings mit der entsprechenden Hardware steuert das EMS zusätzlich die Betriebsweise der Wechselrichter und koordiniert ihr Zusammenspiel mit Speichern und Erzeugern. Es entscheidet, ob ein Inselbetrieb aktiviert wird, wie Lasten priorisiert werden oder wann eine Resynchronisation mit dem Verbundnetz erfolgt. Damit sorgt das EMS für die intelligente Orchestrierung der Hardware und macht Grid Forming erst als Gesamtsystem funktionsfähig.

Zentrale Einsatzbereiche von Grid Forming

  • Batteriespeicher: In Kombination mit leistungsfähigen Speichern können Grid-Forming-Wechselrichter innerhalb von Millisekunden Energie bereitstellen oder aufnehmen und so kurzfristige Schwankungen im Netz ausgleichen. Diese Systeme eignen sich auch für Schwarzstart-Szenarien, bei denen nach einem Blackout ein Netz eigenständig wieder hochgefahren wird.
  • Microgrids und Inselnetze: Besonders in dezentralen Strukturen oder in Regionen ohne gesicherte Netzanbindung sind Grid-Forming-Technologien unverzichtbar, um lokale Netze zuverlässig und unabhängig zu betreiben.
  • Integration erneuerbarer Energien: In großen Photovoltaik- oder Windparks können netzbildende Wechselrichter Aufgaben übernehmen, die bisher nur rotierende Generatoren leisten konnten. Dadurch ist eine direkte Einbindung erneuerbarer Energien in die Netzstabilität möglich.
  • Netzstützung im Verbundnetz: Auch in bestehenden Stromsystemen mit sinkendem Anteil an konventionellen Kraftwerken wird Grid Forming zunehmend notwendig, um Frequenz- und Spannungsregelung sicherzustellen und die Systemstärke zu erhalten.

Damit eröffnet Grid Forming eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, Versorgungssicherheit und Netzstabilität auch in hochgradig erneuerbaren Energiesystemen zu gewährleisten. Die Technologie ist somit nicht nur eine technische Option, sondern ein entscheidender Bestandteil der Energiewende.

Herausforderungen & aktuelle Trends für Grid Forming

Der großflächige Einsatz von Grid Forming steckt noch in den Anfängen. Zwei zentrale Gründe dafür waren bisher die unzureichende Digitalisierung der Energienetze und das Fehlen flächendeckend eingesetzter EMS. Ohne diese digitale Steuerung lassen sich netzbildende Wechselrichter nicht in vollem Umfang koordinieren. Hinzu kam, dass Batteriespeicher lange Zeit vergleichsweise kostspielig waren und dadurch nur in Pilotprojekten wirtschaftlich eingesetzt werden konnten.

Beides ändert sich jedoch derzeit deutlich: Mit der zunehmenden Digitalisierung des Energiesystems, neuen EMS-Lösungen und sinkenden Kosten für Speichertechnologien rückt der breite Einsatz von Grid Forming in greifbare Nähe. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, Frequenz und Spannung auch in einem von erneuerbaren Energien dominierten Netz zuverlässig zu stabilisieren.

Technische Herausforderungen

Grid-Forming-Wechselrichter müssen sich nahtlos in bestehende Netze mit klassischen Synchrongeneratoren integrieren. Es gilt, Frequenz und Spannung zuverlässig auch bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien zu halten, wofür netzbildende Wechselrichter sehr schnell und präzise auf Netzstörungen reagieren müssen. Der parallele Einsatz unterschiedlicher Geräte führt dabei zu komplexer Regelungs- und Schutztechnik, da Instabilitäten durch Schwingungen und Interaktionen vermieden werden müssen. Zudem sind viele Lösungen noch im Pilotstadium und die Interoperabilität verschiedener Hersteller sowie die Validierung im laufenden Netzbetrieb stellen zusätzliche Hürden dar. Insgesamt ist Grid Forming damit deutlich komplizierter als der klassische Betrieb mit Synchrongeneratoren und verlangt neue, robuste Systemkonzepte und Standards.

Regulatorischer Rahmen

Die europäischen Network Codes, insbesondere die EU-Verordnung 2016/631 (Requirements for Generators – RfG), bilden die Grundlage für die Anforderungen an netzbildende Eigenschaften. Diese Verordnung ist seit 2016 in Kraft und legt technische und operationale Anforderungen für Erzeugungsanlagen fest. In Deutschland erfolgt die Umsetzung durch nationale Grid Codes und technische Anschlussregeln (TARs) des VDE/FNN von Juli 2024, die gesetzlich verankert sind und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Für den Netzanschluss neuer Anlagen ist die Erfüllung dieser Regeln verpflichtend und muss über Zertifizierungen nachgewiesen werden. Auch der regulatorische Rahmen für Batteriespeicher ist in Bewegung – aber noch weit entfernt von der Praxistauglichkeit. Besonders bei Multi-Use-Speichern für Grid Forming offenbaren sich Rechtsunsicherheiten bei der Stromsteuer, den Netzentgelten, bei Messkonzepten, Baufortschrittsmeldungen, dem Redispatch und der bilanziellen Trennung.

Aktuelle Entwicklungen und Pilotprojekte

Aktuell erleben netzbildende Wechselrichter in Deutschland eine dynamische Entwicklung, die vor allem durch gezielte Forschungsförderung und regulatorische Impulse beschleunigt wird. Die Bundesnetzagentur hat im Frühjahr 2025 konkrete Vorgaben zur marktgestützten Beschaffung von Momentanreserve gemacht, sodass Anlagen mit netzbildenden Eigenschaften erstmals vergütet werden. Zahlreiche Pilotprojekte erforschen technische Anforderungen, Interoperabilität, sowie den Einsatz von Batteriespeichern und Photovoltaik-Systemen für den stabilen Netzbetrieb. Dabei werden Feldtests in allen Spannungsebenen durchgeführt, Systemdienste erprobt und die Integration dezentraler Anlagen für den Normal-, Insel- und Netzwiederaufbaubetrieb validiert. Ziel ist, bis 2028 stromrichterdominierte Teilnetze stabil und sicher betreiben zu können und die gewonnenen Erkenntnisse direkt in Normungsprozesse einfließen zu lassen.

Grid Forming für Stabilität & Integration erneuerbarer Energien

Grid Forming ist weit mehr als eine technische Option – es ist die Grundlage für ein stabiles Energiesystem ohne konventionelle Kraftwerke. Netzbildende Wechselrichter übernehmen Aufgaben, die bisher Synchrongeneratoren vorbehalten waren, und machen damit eine zuverlässige Stromversorgung auch bei hohem Anteil erneuerbarer Energien möglich.

Die bisherigen Hemmnisse – hohe Kosten für Batteriespeicher und fehlende digitale Steuerung – verlieren zunehmend an Bedeutung. Mit sinkenden Speicherpreisen, leistungsfähigen Energiemanagementsystemen und klareren regulatorischen Vorgaben steht die Technologie kurz vor dem Marktdurchbruch.

Damit wird Grid Forming zum entscheidenden Bindeglied zwischen erneuerbarer Erzeugung, Netzstabilität und Versorgungssicherheit – und zu einem Schlüsselfaktor für das Energiesystem der Zukunft.

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