Energieeffizienz in Unternehmen: Für alle Pflicht
Neue Klima- und Umweltschutzgesetze werden umgesetzt
- Druck zur CO₂-Reduktion steigt
- Schärfere EU-Gesetze in Planung
- Deutsche Gesetze zwingen Unternehmen zum Handeln
Startseite » Energieeffizienz in Unternehmen – das wird jetzt Pflicht
Die Europäische Union plant im Jahre 2050 klimaneutral zu sein und wartet für ihre Mitgliedsstaaten mit einem großen Klima- und Umweltschutzgesetzes-Paket auf, das auch die Energieeffizienz in Unternehmen steigern soll. Das Ziel ist klar definiert und wird mit dem Beschluss vom 18. April 2023 zu einer rechtlichen Verpflichtung: Bis zum Jahr 2030 soll in der EU insgesamt 55 % weniger CO₂ ausgestoßen werden als 1990 und nun erarbeiten die EU-Länder, wie in Deutschland, unter Hochdruck neuen Rechtsvorschriften, um dieses Ziel zu erreichen. Das Programm „Fit for 55“, das bis 2030 umgesetzt werden soll, sieht auch noch weitreichende Einschnitte für deutsche Unternehmen vor.
Gegenwärtig gelten in Deutschland zwar noch die Gas- und Strompreisbremsen, aber die Gesetzgebung ist äußerst aktiv. Grund genug, die aktuellen und geplanten Umweltschutzgesetze & Pflichten für Unternehmen unter die Lupe zu nehmen.
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Aktuelle Gesetze zur Energieeffizienz-Steigerung in Unternehmen

Aufgrund der massiv steigenden Energiepreise seit 2022 wurde in Deutschland zur Entlastung der Wirtschaft nicht nur die geplante Preiserhöhung von 30 auf 35 € der nationalen CO₂-Zertifikate verschoben, sondern auch kurzfristig Gas- und Strompreisbremsen eingeführt. Das StromPBG und das EWPBG vom 20.12.2022 sollen noch bis max. zum 30.04.2024 gelten und halten die Preise für privat Haushalte und Unternehmen gerade künstlich tief. Auf der anderen Seite startete zu Jahresbeginn 2023 das Energiefinanzierungsgesetz (EnFG), so dass zumindest die fehlende EEG-Umlage abgefedert wird und die KWK-Umlage sowie die Offshore-Netzumlage erhalten bleiben.
Gesetze & Verordnungen, die im Energiemanagement von Unternehmen zur Energieeffizienz berücksichtigt werden müssen
- StromPBG (Strompreisbremse bis max. 30.04.2024) Greift beispielsweise bei einem Entlastungskontingent von 70 % des Verbrauchs in 2021 als Referenzpreis auf 13 Cent/kWh (Nettoarbeitspreis) für einen Bezug von über 30.000 kWh/Jahr
- EWPBG (Erdgaspreisbremse bis max. 30.04.2024) Greift beispielsweise bei einem Entlastungskontingent von 70 % des Verbrauchs in 2021 als Referenzpreises 7 Cent/kWh (Nettoarbeitspreis) für den Bezug von über 1,5 GWh/Jahr
- EnFG (Energiefinanzierungsgesetz – seit 2023) Verpflichtet alle Unternehmen ab 1 GWh Stromverbrauch zu Investitionen in Effizienzmaßnahmen, wenn ihr Kapitalwert positiv ist. Basis ist die DIN EN 17463 (VALERI).
- GEG (Gebäudeenergiegesetz) Regelt die energetischen Anforderungen von Gebäuden und den Einsatz von erneuerbaren Energien.
- EnergieStG (Energiesteuergesetz – in Novellierung) Regelt die Besteuerung aller fossiler und nachwachsender Energiearten. Gesetzesentwurf für 2024 sieht vor: Pflicht zur Umsetzung aller wirtschaftl. vorteilhaft identifizierten Energiesparmaßnahmen nach DIN EN 17463 (VALERI)
- StromStG (Stromsteuergesetz in Novellierung) Regelt die Besteuerung des Verbrauchs von elektrischem Strom durch die Stromsteuer. Der Gesetzesentwurf für 2024 sieht vor: Pflicht zur Umsetzung aller wirtschaftlich vorteilhaft identifizierten Energiesparmaßnahmen nach DIN EN 17463 (VALERI)
- EnSimiMaV (gültig bis 30.09.2024) regelt die technischen Energieeinsparmaßnahmen in Gebäuden und verpflichtet Unternehmen dazu, Energieeffizienzmaßnahmen nach EnMs 50001 oder Energie-Audits gemäß DIN EN 16247-1 innerhalb von 18 Monaten umzusetzen, sofern sie wirtschaftlich sind.
Normen, Zertifizierungen und Pflichten zur Energieeffizienz-Steigerung für Unternehmen
Mit den neuen bzw. geänderten Klima- und Umweltschutzgesetzen ändert sich für Unternehmen eine ganze Menge: Zertifizierungen und Normen Energieeffizienz-Steigerung werden relevanter und es kommen neue Pflichten hinzu. So müssen beispielsweise Unternehmen ab einem jährlichen Energieverbrauch von 10 GWh ab jetzt Energieeffizienzmaßnahmen nach Energie-Audits gemäß DIN EN 16247-1 innerhalb von 18 Monaten umzusetzen, sofern diese wirtschaftlich sind. Neu ist allerdings auch, dass diese Verpflichtung nun auf 6.500 weitere energieintensive Unternehmen in Deutschland zutrifft, die weniger als 5 GWh jährlich verbrauchen. Sie müssen sich nach dem neuen Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) zwar keinen Audits unterziehen, sind aber ebenfalls dazu verpflichtet, Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen, wenn sie nachweispflichtige Steuerentlastungsanträge stellen möchten oder nicht ihre Zertifizierungen verlieren wollen.

Übersicht der neuen Pflichten für Entlastungsanträge von Unternehmen
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ISO 50001 & ISO 50005 sind Normen für Energiemanagementsysteme für Unternehmen, um Entlastungen nach allen aktuellen Gesetzen beantragen zu können.
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DIN EN 16247-1 ist die Norm für unabhängige Energie-Audits zur Identifizierung Einsparpotentialen. Sie sind für alle Unternehmen ab einem Energieverbrauch größer 10 GWh Pflicht, sofern sie keine ISO 50001 oder EMAS Zertifizierung haben und Entlastungen beantragen möchten. Die Energie-Audits sollen ab 2024 auch auf energieintensive KMUs ausgeweitet werden.
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DIN EN 17463 (VALERI) ist die Norm zur Bewertung von Energieeffizienzmaßnahmen. Demnach gelten diese als wirtschaftlich, sobald sich nach max. 20 % der Nutzungsdauer ein positiver Kapitalwert ergibt.
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Umweltmanagementsystem EMAS (EU-Öko-Audit oder Öko-Audit) ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen und Voraussetzung, wenn Unternehmen Entlastungen beantragen möchten.
- EU ETS Strompreiskompensation (SPK) ist die nationale Förderrichtlinie für Beihilfemaßnahmen. Unternehmen mit ISO 50001 oder EMAS Zertifizierung können diese beantragen und sind nach DIN EN 17463 (VALERI) verpflichtet Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen oder 30 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken.
- BECV (Carbon-Leakage-Verordnung) soll Unternehmen schützen, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Belastungen aus dem nationalen Emissionshandel gefährdet sind. ISO 50001, EMAS oder ISO 50005 Zertifizierungen sind dabei die Voraussetzungen sowie Investitionen nach DIN EN 17463 (VALERI).
- CSRD ist die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und gilt ab dem 01.01.2024. Die Kriterien wurden massiv verschärft und sie greift künftig bei weitaus mehr Unternehmen in Deutschland. Die Reports müssen von unabhängigen Dienstleistern geprüft werden und alle Beteiligten unterliegen einer externen Zertifizierungspflicht und dem Bilanzeid.

Aktuelle Photovoltaik-Pflicht für Unternehmen
Eine weitere Maßnahme zur CO₂-Reduktion ist die Photovoltaik-Pflicht, die die aktuelle Bundesregierung mit einheitlichen Regelungen für private und gewerbliche Neubauten im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Bisher ist es aber noch nicht soweit und in den verschiedenen Bundesländern gelten unterschiedliche Bestimmungen für Industrie und Gewerbe bei der Neuversiegelung von Gewerbeflächen und teilweise bei der Sanierung von Gewerbedächern bzw. Bestandsgebäuden.

Solarpflicht für Gewerbe- und Industriedächer
In verschiedenen Bundesländern müssen bei gewerblichen Neubauten oder Dachsanierungen Photovoltaikanlagen eingebaut werden. Diese Pflicht betrifft Nichtwohngebäude, wie Produktions-, Logistikzentren oder Bürogebäude, sowie kommunale Liegenschaften und variiert von Bundesland zu Bundesland. Spätestens für 2032 sieht das europäische Parlament eine einheitliche Lösung vor, die spätestens zu diesem Zeitpunkt die unterschiedlichen Landesgesetze in Deutschland homogenisieren wird. Eine aktuelle Übersicht zur Solarpflicht gibt es hier.
Großparkplätze müssen grüne Energie liefern
Ähnlich sieht es zurzeit bei der Solarpflicht für gewerbliche Großparkflächen auf Firmengeländen in Deutschland aus. In Bremen müssen beispielsweise alle neuen Großparkplätze ab 25 Stellplätzen mit Solarmodulen ausgestattet werden und in Schleswig-Holstein gilt die PV-Plicht erst ab 100 Stellplätzen. Generell müssen, anders als in Frankreich, deutsche Bestandsparkplätze bisher noch nicht mit Photovoltaikanlagen nachgerüstet werden. Ob diese Regelung so auch nach 2032 gilt, bleibt abzuwarten.

Beschlüsse der Europäischen Union bis 2030

Mit dem Beschluss des europäischen Parlamentes vom 18. April 2023 hat das Programm „Fit for 55“ weiter Fahrt aufgenommen. Dabei wurde verabschiedet:
- Erweiterung des EU ETS auf Unternehmen & Anlagen mit hohem CO₂-Ausstoß der Branchen Luft- und Schifffahrt, Straßenverkehr, Gebäudeheizungen und Landwirtschaft.
- Schrittweise Reduktion der EU-ETS-CO₂-Zertifikate um 62 %. Hierbei werden im ersten Schritt bis Ende 2026 120 Mio. CO₂-Zertifikate weniger ausgegeben und ab 2027 wird die Menge jährlich um 4,4 % gekürzt. (Vorher: 2,2 %)
- Die Ausgabe der kostenlosen EU-ETS-CO₂-Zertifikate wird bis 2030 halbiert und bis 2034 ganz abgeschafft.
- Auf Waren, die aus Nicht-EU-Staaten importiert werden, wird ab 2034 der CO₂-Grenzausgleich – einer Art „CO₂-Zoll“ – fällig. Der Importeur muss dann die Differenz zu den höheren Zertifikatspreisen der EU und dem des Herstellerlandes ausgleichen.
Das EU-Klimaschutzpaket vom April 2023 hat weitreichende Folgen für nahezu alle deutschen Unternehmen: Energie aus fossilen Brennstoffen wird teurer und Energie aus Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft wird gefördert und im Vergleich wesentlich günstiger.
- Große Unternehmen der Branchen Luft- und Schifffahrt, Straßenverkehr, Gebäudeheizungen und Landwirtschaft werden am ETS teilnehmen müssen.
- Die Verknappung der CO₂-Zertifikate auf EU-Ebene wird eine weitere massive Preissteigerung im europäischen Emissionshandel nach sich ziehen.
- Die bisher gedeckelten nationalen CO₂-Zertifikate für Unternehmen werden teurer und weitere Branchen werden mit einbezogen.
- Die EU-Länder müssen eigene neue Gesetze erlassen, die den CO₂-Ausstoß von Unternehmen und der Privatwirtschaft weiter reduzieren.
- Schlupflöcher zur Umgehung der CO₂-Abgaben werden gestopft indem sämtliche in der EU angebotenen Waren eingepreist werden.

EU-Klima- und Umweltschutzgesetze zur Energieeffizienz verlangen weitere Novellen im nationalen Recht
Im Rahmen der Pläne der Europäischen Union zur Klimaneutralität stehen auch in Deutschland weitere massive Einschnitte bevor. Die Aufgaben der deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) des Bundesumweltamtes dürften erweitert werden und das gesamte Stromsteuersystem der Bundesrepublik muss grundlegend erneuert und angepasst werden. Weiterhin steht auch noch die genauere Ausarbeitung des CO₂-Grenzausgleichssystems (CBAM) im Raum.
Mit welchen Veränderungen müssen Unternehmen rechnen?
- Bis 2027 werden 85 % aller CO₂-Emissionen in Deutschland Zertifikate benötigen (zum Vergleich: 2023 sind es ca. 40 %).
- Die Kriterien für Unternehmen zur Teilnahme am EU ETS oder nEHS stehen noch nicht fest und werden bis 2027 ausgearbeitet.
- Nationale CO₂-Zertifikate haben bis 2025 noch moderate Festpreise und sollen ab 2026 in die Versteigerungsphase eintreten.
- Fossile Energieträger werden am höchsten besteuert.
- Energie aus erneuerbaren Quellen werden steuerfrei.
- Private und gewerbliche Nutzung von Energiequellen werden steuerlich gleichgestellt.
- Steuerliche Ausnahmen und Begünstigungen für bestimmte Branchen und Unternehmen fallen komplett weg.
- Die Informationspflicht von Unternehmen gegenüber der DEHSt und dem EU ETS wird ausgeweitet.
- Importe in die EU von CO₂-intensiven Produktgruppen werden im Rahmen des CBAM verteuert und die Gesetze dazu in den Mitgliedsstaaten weiter ausgearbeitet.
- Die Verknappung der CO₂-Zertifikate wird sich auf den Emissionshandel auswirken.